Willkommen auf den Seiten des Auswärtigen Amts

Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 16.04.2025

17.04.2025 - Artikel

Internationales Engagement der Vereinigten Staaten von Amerika

Frage

Es gibt Medienberichte, dass die USA ihr internationales Engagement stark zurückfahren wollen. Da würde ich gerne wissen, vom Auswärtigen Amt beispielsweise, inwieweit man bereits Vorbereitungen getroffen hat, um die Funktionsfähigkeit der internationalen Institutionen weiter zu erhalten.

Wagner (AA)

Wie Sie wissen, sind das ‑ und darauf beziehen Sie sich ja ‑ im Moment Medienberichte. Aber in der Tat gibt es von der neuen amerikanischen Regierung unterschiedlichste Ankündigungen in dem Bereich. Das beachten wir natürlich mit großer Aufmerksamkeit. Sie sagen zu Recht, dass die Amerikaner im internationalen Kontext bisher in vielerlei internationalen Organisationen, in Konfliktkontexten, bei humanitärer Hilfe und anderen Dingen ein großer Geber waren. Ich glaube, es ist vollkommen klar, dass das nicht zu kompensieren sein wird. Wir schauen uns natürlich an, wo es jetzt zu Lücken kommt ‑ das ist auch etwas, was wir uns im Ressortkreis eng anschauen ‑ und welche Rückwirkungen das gegebenenfalls auf unser Engagement in bestimmten Kontexten haben kann.

Zusatzfrage

Gibt es konkrete Planungen seitens der geschäftsführenden Bundesregierung, oder ist das etwas, was dann die nachfolgende Bundesregierung unternehmen und planen muss?

Wagner (AA)

Mir fällt es jetzt schwer, hier sozusagen aus der Lamäng eine für alle Kontexte geltende Antwort zu geben.

Nehmen Sie doch einmal das Beispiel unserer Unterstützung für die Ukraine. Da haben Sie in den letzten Monaten und Wochen gesehen, dass es eine starke Unterstützung vonseiten unserer europäischen Partner und auch von Deutschland gibt. Das ist sicher nichts, was sozusagen die amerikanische Hilfe kompensiert, aber etwas, wo wir unsere Unterstützung noch einmal intensiviert haben. Die Außenministerin war gestern bei einer Konferenz in London, auf der es um den Sudan-Konflikt ging. Sie haben wahrscheinlich wahrgenommen, dass es umfangreiche „pledges“ auch von europäischer Seite, von deutscher Seite, gab.

Das ist also nicht etwas, wo wir uns anmaßen würden zu sagen: Wir können etwaige Ausfälle kompensieren. Aber wir schauen uns das mit großer Aufmerksamkeit an, um unser deutsches Engagement, aber vielleicht auch unser europäisches Engagement, zu priorisieren und umzuschichten.

Frage

Sie hatten ja gesagt, es seien eher Medienberichte und man müsse jetzt erst einmal schauen. Medienberichten zufolge könnten die Einschnitte zum Beispiel auch zur Streichung von zwei US-Konsulaten in Deutschland führen. Hat die Bundesregierung irgendwelche Informationen zu diesen Plänen?

Wagner (AA)

Dazu habe ich nichts, was ich von dieser Stelle hier mitteilen könnte.

Zusatzfrage

Könnten Sie denn sagen, welche praktische Folgen ein Wegfall von zwei Konsulaten hier in Deutschland haben würde?

Wagner (AA)

Ich kann das vielleicht ganz allgemein einordnen. Wir sind ja ein Land, das ein ähnlich großes diplomatisches und konsularisches Netzwerk in der Welt unterhält. Natürlich überprüft man immer einmal wieder, an welchen Standorten eine Präsenz Sinn macht.

Aber das ist jetzt wirklich nur eine sehr allgemeingültige Bemerkung. Wie gesagt: Zu diesen konkreten Medienberichten kann ich Ihnen hier nichts mitteilen.

Frage

Herr Wagner, ich unterstelle einmal, dass Sie und andere Ressorts aus internen Kontakten immer noch den besten Überblick haben. Können Sie sagen, welches ihre drei oder vier größten Sorgenbaustellen sind im Hinblick auf die weitere Arbeit der Organisationen und die Arbeitsfelder, über die wir gerade sprechen?

Wagner (AA)

Ehrlich gesagt, das fällt mir sehr schwer. Ich kann für den Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes ‑ und nur für diesen spreche ich ja ‑ vielleicht die Bereiche humanitäre Hilfe und Klima nennen, die eine gewisse Bedeutung haben, wenn man im Moment auf den Zustand der Welt schaut. Aber auch dort fällt es mir jetzt schwer, sozusagen auf Grundlage von Medienberichten allgemeingültig hier den Ausfall von etwaigen amerikanischen Mitteln darzustellen.

Noch einmal: Das ist etwas, was wir uns sehr genau anschauen. Wir gucken, wo wir aktiv sind, wie wir aktiv sind und wie wir dort koordiniert ‑ vielleicht auch im EU-Kreis ‑ stärker aktiv sein können. Das sind vielleicht zwei Bereiche, die jetzt den Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes besonders berühren.

Aufnahmeprogramme für Afghanistan

Frage

Meine Frage würde sich an das Innenministerium und an das Auswärtige Amt richten. Zum einen gibt es Berichte, dass heute ein Charterflug mit Menschen aus Afghanistan landen soll. Können Sie bestätigen, dass das heute in Leipzig passiert? Zum anderen würde ich gern wissen: Warum wird das Programm fortgesetzt? Warum hält Deutschland also an diesen Flügen fest?

Wagner (AA)

Ich kann bestätigen, dass heute tatsächlich ein sogenannter Charterflug in Islamabad gestartet ist, auf dem sich Personen aus den unterschiedlichen Aufnahmelinien befinden; Sie wissen, es gibt ein Ortskräfteverfahren, ein Bundesaufnahmeprogramm und andere Aufnahmelinien. Genaue Zahlen müssen wir nachreichen, weil ich die jetzt hier noch nicht vorliegen habe.

Sie wissen, dass diese Verfahren sehr langwierig und klar geregelt sind. Es handelt sich natürlich nur um Menschen, die die zahlreichen Sicherheitsüberprüfungen durchlaufen haben, die durch das Visumsverfahren gegangen sind und denen jetzt eine Ausreise nach Deutschland ermöglicht werden könnte. Die haben alle Aufnahmeerklärungen, die rechtsverbindlich sind und auf deren Grundlage das jetzt vorgenommen wird.

Sie wissen, in Afghanistan befinden sich noch ungefähr 2600 Menschen mit einer verbindlichen Aufnahmezusage. Es ist natürlich so ‑ das haben das BMI und das AA verschiedentlich an dieser Stelle auch bestätigt ‑, dass über die Zukunft der Aufnahmeprogramme die neue Bundesregierung befindet. Im Moment werden sozusagen prioritär die Fälle abgearbeitet, in denen es eine Aufnahmezusage gibt.

Frage

Eine kurze Nachfrage an Herrn Wagner. Sie haben ja die 2600 Personen angesprochen, die sich noch in Pakistan aufhalten und diese Aufnahmezusage haben. Nun ist es ja so, dass die Regierung in Pakistan ‑ ich glaube, die Frist war jetzt Ende März ‑ die Menschen ausweisen will, die keine Aufnahmezusage haben. Sind diese 2600 Personen, die noch da sind, auch betroffen? Haben von ihnen schon welche das Land verlassen, oder wie sieht es da aus?

Wagner (AA)

Zum Teil sind davon auch Personen in den Aufnahmeprogrammen betroffen. Wir stehen da in enger Abstimmung und engem Kontakt mit den pakistanischen Behörden und setzen uns für die Menschen ein, die eine verbindliche Aufnahmezusage haben. Genaue Zahlen kann ich Ihnen hier nicht geben.

Frage

Herr Wagner, präjudiziert diese verbindliche Aufnahmezusage eine künftige Bundesregierung? Also ganz alltäglich gesprochen: Wenn diese Menschen auf eigene Faust hierherkommen würden, hätten die dann in einem Aufnahmeverfahren einen Rechtstitel? Können also nur die Flüge beendet werden, oder wie müssen wir das verstehen?

Wagner (AA)

Dazu verweise ich Sie auf das, wie der Regierungssprecher sich dazu ‑ ich glaube, am letzten Mittwoch ‑ eingelassen hat. Da besteht natürlich der Weg der Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Vorsitzende Wefers

Nur, falls das jemand im Protokoll sucht: Ich glaube, es war am Montag.

Wagner (AA)

Am Montag, pardon.

Frage

Herr Wagner, eine Lernfrage: Ist es derzeit eigentlich noch möglich, in Islamabad Anträge für eine Reise oder einen Aufenthalt nach Deutschland zu stellen?

Wagner (AA)

Es ist pakistanischen Staatsangehörigen oder Staatsangehörigen, für die die Botschaft zuständig ist, natürlich an der Botschaft Islamabad möglich, einen ganz normalen deutschen Visumsantrag zu stellen.

Vielleicht noch einmal zur Klarheit, damit hier die Dinge nicht vermischt werden:

Beim Bundesaufnahmeprogramm handelt es sich um ein sehr spezifisches Programm. Meldeberechtigte Stellen können Menschen, die für eine Aufnahme in diesem Programm infrage kommen, weil sie aufgrund von Geschlecht, politischem Einsatz etc. verfolgt werden ‑ da gibt es sehr klar definierte Kriterien ‑, für die Aufnahme vorschlagen. Das hat nichts mit einem normalen Visumsantrag zu tun, etwa eines pakistanischen Geschäftsreisenden oder eines pakistanischen Urlaubers.

Dieses Verfahren beinhaltet bis zu einer Aufnahmezusage sehr viele Sicherheitsschritte, Sicherheitsinterviews und Sicherheitsüberprüfungen. Daran schließt sich noch ein Visumsverfahren an, in dem noch einmal alle Angaben, Dokumente und Hintergründe überprüft werden, bis dann sozusagen eine Ausreise organisiert werden kann. Diese beiden Dinge muss man also trennen.

Zusatzfrage

Danke für die Klarstellung. Meine Nachfrage bezog sich in der Tat im Grunde auf die ‑ ich sage jetzt einmal ‑ Schutzbedürftigen nach dem Aufnahmeprogramm. Ist die Möglichkeit noch so vorhanden‑ das betrifft auch die personelle Infrastruktur; es muss ja jemand da sein, der Anträge prüft usw. ‑, dass weiterhin derartige Anträge gestellt werden können?

Wagner (AA)

Die Frage müsste ich tatsächlich an das für das BAP federführende BMI abgeben.

Dr. Kock (BMI)

Das habe ich aus dem Stand jetzt nicht dabei. Ich versuche es nachzureichen.

Frage

Eine Frage ans Bundesinnenministerium. Frau Dr. Kock, Sie haben am Montag hier erklärt, dass Sie solche Flüge grundsätzlich nicht im Vorhinein ankündigen. Jetzt hat aber genau das sächsische Innenministerium das getan. Der Sprecher des sächsischen Innenministeriums hat den heutigen Flug angekündigt und zwei weitere Flüge am 23. und am 29. April. Wie bewerten Sie das?

Dr. Kock (BMI)

Wir bewerten das erst einmal gar nicht. Es bleibt dabei: Wir kündigen keine Flüge an, in keine Richtung.

Zusatzfrage

Noch eine Nachfrage in Richtung Auswärtiges Amt: Der Minister Armin Schuster hat dem Außenministerium vorgeworfen, quasi in letzter Minute eine Ad-hoc-Aktion zu machen und jetzt noch Leute nach Deutschland zu bringen. Wie bewerten Sie das?

Wagner (AA)

Das bewerte ich gar nicht. Das ergibt sich, glaube ich, aus dem, was ich eben dargelegt habe. Das ist ja hier nicht eine Ad-hoc-Aktion, sondern dieses Bundesaufnahmeprogramm gibt es jetzt schon seit einer ganzen Zeit. Das funktioniert nach klaren Kriterien in enger Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden. Diese Menschen sind auf Herz und Nieren geprüft und haben eine verbindliche Aufnahmezusage. Insofern kann ich das nicht so richtig verstehen, was da gesagt wird.

Frage

Herr Wagner, wie viele Personen mit Aufnahmezusagen sind jetzt noch dort? Sind es 2500, 2600?

Wagner (AA)

Rund 2600.

Verurteilung von Journalisten in Russland

Frage

In Russland sind gestern vier Journalisten, zwei davon Mitarbeiter der Deutschen Welle, zu Straflagern wegen sogenanntem Extremismus verurteilt worden. Wie reagiert das Auswärtige Amt darauf? Können Sie irgendetwas tun, um diesen Menschen oder anderen politischen Gefangenen zu helfen?

Wagner (AA)

Wir haben darauf gestern schon auf der Plattform X reagiert; Sie haben vielleicht unseren Tweet gesehen. Das ist natürlich etwas, was wir verurteilen. Das zeigt, dass das in Russland verfassungsrechtlich verbriefte Recht auf Pressefreiheit im Grunde nicht die Tinte dieses Papier wert ist.

In der Tat ist es dramatisch, wie dort mit Journalistinnen und Journalisten umgegangen wird. Insofern ist das etwas, was wir verurteilen. Wir probieren natürlich im Rahmen unserer Möglichkeiten, die in Russland mittlerweile sehr gering sind, uns für Menschen einzusetzen, die dort verfolgt werden.

Aber noch einmal: Es ist wirklich zu verurteilen, wie dort mit Journalistinnen und Journalisten umgegangen wird.

Teilnahme des russischen Botschafters am Gedenken an die Opfer der Schlacht auf den Seelower Höhen

Frage

Die Frage geht an das Auswärtige Amt und betrifft das heutige Gedenken, dass es auf den Seelower Höhen gab, besser gesagt, anlässlich der entscheidenden Schlacht, die es damals gegen Ende des Krieges gegeben hat. Daran hatte auch der russische Botschafter teilgenommen. Das Auswärtige Amt hatte sich dagegen ausgesprochen, dass Diplomaten aus Russland und Belarus an solchen Veranstaltungen teilnehmen. Deswegen hätte ich ganz gerne eine Einschätzung von Ihnen zu dem, was da heute auf den Seelower Höhen passiert ist.

Wagner (AA)

Vielen Dank. – Das war ja ein Thema, das uns, glaube ich, letzte Woche hier auch schon beschäftigt hat. Ich kann das vielleicht noch einmal grundsätzlich einordnen: Für die Bundesregierung ist ganz klar, dass das Andenken an das Ende des Zweiten Weltkrieges und an die Rolle der Sowjetunion, der Roten Armee und der Alliierten bei der Befreiung Deutschlands natürlich ganz wichtig ist und es in Ehren gehalten werden muss. Sie haben ja gesagt, dass dieses Jahr noch einmal ein besonderes Jahr ist, weil sich das Ende des Weltkriegs zum 80. Mal jährt. Umso wichtiger ist, dass dieses Gedenken nicht instrumentalisiert wird, und von russischer Seite steht eben zu erwarten, dass es instrumentalisiert wird und für die Rechtfertigung ihres Angriffskrieges gegen die Ukraine missbräuchlich in Verbindung gebracht wird. Insofern gab es eine Empfehlung vonseiten des Auswärtigen Amtes ‑ das ist keine Vorschrift, aber eine Empfehlung des Auswärtigen Amtes ‑ in diese Richtung. Für uns ist ganz klar, dass wir nicht dulden werden, dass sozusagen russische Desinformationskampagnen, die Verbreitung falscher Tatsachen und Geschichtsrevisionismus herangezogen werden, um den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, der ja völkerrechtswidrig ist und der jetzt aktuell in Europa läuft, zu rechtfertigen.

Zusatzfrage

Ist ein stilles Gedenken ‑ das war die heutige Veranstaltung ja ‑ schon eine Instrumentalisierung?

Wagner (AA)

Es fällt mir schwer, das jetzt so einzuordnen. Sie haben den russischen Botschafter ja auch erwähnt, und der hat, glaube ich, verschiedentlich Medieninterviews in dem Umfeld gegeben, in denen er sich dann auch zu dem Krieg in der Ukraine einlässt. Insofern muss das, glaube ich, in einem Gesamtkontext gesehen werden.

[…]

Nahostkonflikt

[…]

Frage

Herr Wagner, der israelische Verteidigungsminister hat angekündigt, dass sein Land alle besetzten Gebiete in Gaza, Syrien und Libanon dauerhaft unter seiner Kontrolle behalten wird. Wie seht das Innenministerium das?

Eine zweite Frage: Der israelische Premierminister hat gestern in seinem Gespräch mit dem französischen Präsidenten noch einmal strikt die Gründung eines palästinensischen Staates abgelehnt. Wie soll das jetzt erreicht werden? Sie haben sicher immer für eine Verhandlungslösung ausgesprochen. Aber Israel hat jetzt ganz klar gesagt, es wolle keinen palästinensischen Staat. Wie geht man da jetzt vor?

Wagner (AA)

Danke! – Sie wissen ja, was unsere Position ist: Die Bundesregierung lehnt ganz klar eine dauerhafte Besatzung von Gaza und eine dauerhafte Vertreibung von Palästinenserinnen und Palästinensern aus Gaza ab. Gaza gehört den Palästinenserinnen und Palästinensern.

Das schließt im Grunde auch an den zweiten Aspekt ihrer Frage an: Es bleibt klares Ziel deutscher Außenpolitik, dazu beizutragen, dass wir zu einer verhandelten Zweistaatenlösung in Nahost kommen, weil das der einzige Weg ist, auf dem Palästinenserinnen und Palästinenser und Israelis dauerhaft und nebeneinander miteinander in ihren beiden Staaten leben können.

Zusatzfrage

Wie kann das konkret geschehen? Was soll gemacht werden? Soll auf Israel Druck ausgeübt werden? Wenn kein Druck ausgeübt wird, warum sollte Israel einer Zweistaatenlösung seine Zustimmung geben?

Wagner (AA)

Dazu gehören ja zwei Seiten. Ich fürchte aber, es sprengt jetzt ein bisschen den Rahmen dieser Bundespressekonferenz, darzulegen, wie wir im Nahostkonflikt ‑ einem Konflikt, der seit Jahrzehnten andauert ‑ dahin kommen. Das soll uns aber nicht davon abhalten, uns als Bundesregierung weiterhin diplomatisch zusammen mit unseren Partnern dafür einzusetzen und darauf hinzuwirken.

Das hat verschiedenste Aspekte: Das beinhaltet in der Tat, wie Sie sagen, den Dialog mit der israelischen Regierung. Das beinhaltet eine Stärkung der Palästinensischen Autonomiebehörde. Anfang der Woche gab es im Anschluss an den Außenrat in Brüssel auch ein Treffen der EU mit den palästinensischen Vertreterinnen und Vertretern, in dem wir noch einmal unsere Unterstützung für die PA deutlich ausgebaut haben. Das umfasst die Siedlungsfrage. Sie wissen, dass wir die israelische Siedlungspolitik im Westjordanland klar ablehnen, weil sie völkerrechtswidrig ist.

Da sind also eine Reihe von sehr komplexen Fragen berührt, und insofern fällt es mir schwer, Ihnen hier jetzt innerhalb weniger Minuten einen klaren Weg dazu zu skizzieren. Unser Einsatz dafür wird aber sicherlich auch unter der neuen Bundesregierung nicht abreißen.

Frage

Auch an das Auswärtige Amt: Es gibt Informationen, dass erneut Deutsche aus dem Gazastreifen evakuiert wurden. Können Sie uns dazu etwas sagen bzw. können Sie das bestätigen?

Wagner (AA)

Vielen Dank. ‑ Es ist in der Tat so, dass zur Stunde eine weitere Ausreise von deutschen Staatsangehörigen aus Gaza läuft. Sie wissen, dass wir uns über die letzten Monate immer wieder für die noch verbliebenen deutschen Staatsangehörigen in Gaza, die ausreisen möchten, eingesetzt haben. Wir haben das eine oder andere Mal auch schon deutsche Staatsangehörige aus Gaza herausbekommen, und auch jetzt befinden wir uns wieder in enger Abstimmung mit den israelischen Behörden und mit den deutschen Sicherheitsbehörden. Wie gesagt, es läuft eine Ausreise. Details kann ich hier noch nicht bieten, weil diese Ausreise noch nicht abgeschlossen ist. Es geht um zwei Dutzend Personen.

Zusatzfrage

Zwei Dutzend?

Wagner (AA)

Ungefähr zwei Dutzend.

Zusatzfrage

Können Sie uns sagen, wie viele Deutsche sich noch im Gazastreifen befinden?

Wagner (AA)

Auch das müsste ich Ihnen nachreichen.

Frage

Herr Wagner, Sie haben gesagt, dass zu einer Zweistaatenlösung immer zwei gehören. Wenn aber einer der beiden beharrlich sagt „Machen wir nicht!“, dann könnte von dritter Seite ‑ dazu würde auch Deutschland gehören ‑ doch immerhin deutlich gemacht werden, was man will, und man könnte sagen: Dann erkennen wir eben Palästina als Staat an. Frankreich will das offenbar tun. Wann kommt der Punkt, an dem Deutschland sagt: Wir machen das auch, wir erkennen eine eigene palästinensische Staatlichkeit an?

Wagner (AA)

Auch da hat sich unsere Position nicht verändert. Wir verfolgen weiter das Ziel eines eigenständigen palästinensischen Staates im Rahmen einer verhandelten Zweistaatenlösung in diesem Prozess. Dazu gibt es unterschiedliche Positionen innerhalb der EU, aber ich sage Ihnen auch ganz ehrlich: Es bringt am Ende nichts, einen Staat auf dem Papier zu haben, wenn dieser Staat nicht in der Wirklichkeit existiert. Insofern ist die Haltung der deutschen Regierung ‑ zumindest dieser Bundesregierung ‑ zu der Anerkennungsfrage sehr deutlich und klar.

Zusatzfrage

Es wurde schon darauf hingewiesen: Der israelische Verteidigungsminister hat angekündigt, man werde Gaza dauerhaft weiter besetzt und unter Kontrolle halten. Nach Erkenntnis der Vereinten Nationen stehen derzeit etwa 70 Prozent des Gazastreifens unter israelischer Kontrolle. Nimmt die israelische Regierung damit nach Einschätzung der Bundesregierung den Tod weiterer Geiseln in Kauf? Es sind ja offenbar überhaupt nur noch 24 am Leben.

Wagner (AA)

Das ist sozusagen Ihre Einschätzung, die ich mir in der Form nicht zu eigen mache. Ich kann Ihnen aber sagen, was unsere Position ist, und die haben wir hier auch oft deutlich gemacht: Es braucht jetzt schnell einen Waffenstillstand, auch im Interesse der Geiseln, damit diese Geiseln freikommen können, und damit auch humanitäre Hilfe nach Gaza hineinkommen kann. Es ist richtig, was Sie sagen, dass im Grunde zwei Drittel des Gazastreifens im Moment nicht zugänglich sind und humanitäre Hilfe von israelischer Seite blockiert wird. Insofern muss es da schnell zu einer anderen Lage kommen. Dafür setzen wir uns ein und dafür setzen sich auch unsere internationalen Partner ein.

Bürgerkrieg im Sudan

Frage

In Sudan herrscht seit über drei Jahren Bürgerkrieg. Gestern war die Außenministerin in der Konferenz in London, in der es um den Aufbau des Sudan und um humanitäre Hilfe für den Sudan ging. Die sudanische Regierung hat aber vor dem Internationalen Gerichtshof eine Beschwerde gegen die Regierung der Vereinigten Arabischen Emirate beantragt, weil die Emirate immer die Milizen unterstützt haben, die im Sudan viele Massaker gegen die Bevölkerung angerichtet haben. Unterstützt die Bundesregierung indirekt diese Beschwerde?

Wagner (AA)

Weil Sie in Ihrer Frage von Wiederaufbau sprechen: Es wäre schön, wenn wir beim Sudan schon über Wiederaufbau sprechen würden. Leider reden wir gerade aber darüber, wie wir die größte humanitäre Krise unserer Zeit adressieren können. Das war auch Sinn und Zweck der Konferenz gestern, zu der Außenministerin Baerbock nach London gereist ist, zu der verschiedene internationale Schlüsselpartner und internationale Organisationen zusammengekommen sind.

Es ist ja so, dass dort ein brutaler Konflikt zwischen zwei Seiten herrscht, die weiterhin davon ausgehen, diesen Konflikt militärisch lösen zu können, und in der Mitte stehen 50 Millionen Sudanesinnen und Sudanesen, die schlimmsten Gräueltaten, Hunger, Vertreibung etc. ausgesetzt sind. Insofern war das der Fokus der Konferenz gestern.

Zu der Klage des Sudan gegen die Vereinigten Arabischen Emirate vor dem Internationalen Gerichtshof kann ich nur sagen, dass dort derzeit ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz verhandelt wird. Die mündliche Verhandlung dazu hat, glaube ich, letzte Woche stattgefunden. Den Vereinigten Arabischen Emiraten wird vorgeworfen, Mittäter zu einem Völkermord an den Masalit zu sein und umfangreiche politische, finanzielle und militärische Unterstützung für die RSF-Miliz zu leisten. Das Gericht behandelt diese Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz prioritär. Insofern können wir, glaube ich, davon ausgehen, dass dort in den nächsten Wochen eine Entscheidung kommt. Das ist aber etwas, dem ich hier jetzt nicht vorgreifen kann.

Iranisches Nuklearprogramm

Frage

Eine Frage zum Thema Iran/USA. Der US-Sonderbeauftragte für den Nahen Osten, Steve Witkoff, hat gestern gesagt, Iran solle sein Urananreichungsprogramm komplett einstellen, und der US-Präsident hat mit einem Angriff auf die iranischen Atomanlagen gedroht. Ich hätte gerne eine Reaktion dazu.

Wagner (AA)

Wir sind weiterhin der Auffassung, dass es eine Übereinkunft braucht, die beinhaltet, dass der Iran seine Nuklearaktivitäten maßgeblich und verifizierbar beschränkt. Das muss insbesondere ein zurückfahren des Anreicherungsprogramms beinhalten; denn es geht ja darum sicherzustellen ‑ das habe ich, glaube ich, letzte Woche hier an dieser Stelle auch gesagt ‑, dass das iranische Nuklearprogramm ausschließlich friedlichen Zwecken dient.

Zusatzfrage

Was sagen Sie zu der Drohung, die Nuklearanlagen anzugreifen?

Wagner (AA)

Das kommentiere ich nicht.

Wir stimmen uns im E3-Kreis sehr eng ab. Ich hatte, glaube ich, auch letzte Woche gesagt: Es ist gut, dass es einen Gesprächsfaden des Iran mit den USA gibt. Für das Wochenende stehen erneut Gespräche ins Haus. Das, was ich zu diesem Komplex zu sagen habe, ist aber das, was ich eben dargestellt habe.

Ausfuhrbeschränkung Chinas für seltene Erden

Frage

An das Wirtschaftsministerium: Die chinesische Regierung hat eine Ausfuhrbeschränkung für seltene Erden beschlossen. In welcher Weise betrifft das die deutsche Wirtschaft?

Haufe (BMWK)

Das betrifft ja die gesamte Europäische Union, und die Europäische Union hat sich dazu meines Wissens auch schon geäußert. Sie wissen, dass es für kritische Lieferketten ‑ dazu gehören eben auch die Lieferketten für kritische Rohstoffe wie seltene Erden ‑ ein spezielles Monitoringsystem auf EU-Ebene gibt, um das gezielt zu überwachen. Laut den Äußerungen der Kommission, auf die ich jetzt verweise, geht man im Moment nicht davon aus, dass es schon gravierende Störungen gibt.

Wagner (AA)

Ich habe noch eine Nachlieferung für den Herrn, der gefragt hatte, wie viele deutsche Staatsangehörige, die ausreisen möchten, noch in Gaza sind: Wir stehen in Kontakt mit einer kleinen Zahl, einer einstelligen Zahl von Deutschen, die sich noch in Gaza aufhalten und ausreisen möchten.

Schlagworte

nach oben