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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 29.01.2025
Freilassung einer vom Internationalen Strafgerichtshof gesuchten Person in Italien
Frage
An das BMI und das Auswärtige Amt: Die Freilassung des vom Internationalen Strafgerichtshof gesuchten libyschen Menschenrechtshändlers Ossama al-Masri, der auch eine sogenannte Küstenwache betreibt, sorgt für eine Regierungskrise in Italien. Der Mann war nach einem Fußballspiel in Mailand verhaftet, dann aber schnell wieder freigelassen geworden. In Italien gibt es Berichte, wonach sich al-Masri auch in Deutschland aufhielt. Dann die Fragen: Was ist der Bundesregierung dazu bekannt? Wann und wo hat sich al-Masri in Deutschland aufgehalten, und warum wurde er nicht festgenommen?
Kall (BMI)
Für das BMI ist die Antwort kurz, dass ich mich wie immer zu möglichen Einzelsachverhalten nicht äußern kann.
Wagner (AA)
Ich kann zu dem Fall nur sagen, dass ich die Berichte kenne. Das ist ja eine Entscheidung eines römischen Gerichts gewesen, wenn ich es genau verfolgt habe, die betreffende Person in Italien freizusetzen; und die kann ich jetzt hier nicht kommentieren. Da müssten Sie schon die italienischen Behörden fragen.
Ich kann nur ganz grundsätzlich sagen, dass wir den IStGH unterstützen und der Mann ja durch einen IStGH-Befehl gesucht ist.
Zusatzfrage
Aber wenn er sich in Deutschland aufgehalten hat, heißt das: Die Behörden wussten davon nichts und haben in dem Sinne versagt? Oder heißt das, man wusste davon und hat einfach nicht gehandelt? Was ist da passiert?
Kall (BMI)
Sie werden sicher verstehen, dass wir uns, wie immer in aktuellen Sachverhalten, nicht zu einzelnen Erkenntnissen äußern können, wo sich eine Person aufhält und welche Erkenntnisse die Sicherheitsbehörden haben. So etwas würde mögliche Maßnahmen gefährden. Das können wir von hier aus einfach nicht tun ‑ grundsätzlich nicht.
Frage
Herr Wagner, nur zum Verständnis: Unterstützt die Bundesregierung jegliche Haftbefehle des IStGH?
Wagner (AA)
Wir sind einer der größten Unterstützer des IStGH und halten den IStGH für eine große Errungenschaft bei der Fortentwicklung des Völkerstrafrechts. Das ist eine wichtige Instanz. Insofern unterstützen wir den Gerichtshof und sind durch deutsche Gesetze auch an eine Kooperation mit dem IStGH gebunden.
Zusatzfrage
Das gilt dann aber auch für Herrn Galant und Herrn Netanjahu?
Wagner (AA)
Dazu haben wir uns ja hier schon eingelassen. Ich glaube, der Regierungssprecher hat das mit der Formel umschrieben: Es gilt Recht und Gesetz in Deutschland.
Nahostkonflikt
Frage
Es geht um Berichte über angebliche Pläne, Grenzschützer aus Deutschland an den Grenzübergang nach Rafah zu schicken. Unter anderem ist von der Bundespolizei die Rede. Insofern geht meine Frage an Herrn Kall, aber vielleicht auch an Herrn Wagner, weil sich ja auch Frau Baerbock schon in diese Richtung geäußert hatte, dass Europa in Zukunft seinen Beitrag zum Grenzschutz des Gazastreifens leisten müsse. Können Sie dazu etwas sagen?
Wagner (AA)
Ich kann vielleicht einmal anfangen. ‑ In der Tat ist es so, dass wir uns ‑ das haben wir am Montag beim jüngsten Außenrat ja auch wieder getan ‑ immer wieder dafür ausgesprochen haben, dass die EU-Mission, die es schon gibt ‑ EUBAM Rafah heißt sie ‑, wieder aktiviert wird. Dafür werben wir seit Monaten. Im Moment ist es so, dass die Mission seit ihrer Aussetzung der Aktivitäten in Rafah, also seit 2007, mit einem reduzierten Personalansatz unterwegs ist. Jetzt soll diese Mission zum 1. Februar ‑ wie es, glaube ich, die Hohe Vertreterin der EU auch angekündigt hat ‑ wieder eingesetzt werden und damit auch einen wichtigen Beitrag von europäischer Seite zur Umsetzung des Waffenstillstandsabkommens in Gaza ermöglichen.
Warum ist die Mission so wichtig? Einer der Gründe, den wir dafür anführen, dass es da einer europäischen Mission bedarf, ist eben, den Grenzübergang Rafah wieder funktional zu machen. Das ist zum Beispiel auch wichtig, um verletzte Personen aus Gaza zu evakuieren.
Zur Sekundierung durch deutsches Personal müsste in der Tat das BMI etwas sagen.
Kall (BMI)
Ich kann nur sagen, dass unsere Abstimmungen mit dem Auswärtigen Amt dazu laufen. Dabei geht es natürlich darum, Einsatzkräfte, die dorthin gehen, entsprechend zu schützen und für einen sicheren Einsatz zu sorgen und auf die Rahmenbedingungen zu schauen. Wir sind dazu in guten Abstimmungen mit dem Auswärtigen Amt; deswegen können wir uns im Moment noch nicht zu näheren Einzelheiten äußern.
Wagner (AA)
Ich kann vielleicht noch ergänzen: Sie haben ja wahrgenommen, dass andere europäische Partner schon erste Ankündigungen mit Blick auf den Personalansatz gemacht haben. Natürlich geht es beim Hochfahren solcher Missionen immer auch erst einmal darum zu schauen, wie groß der Bedarf ist und viele Menschen es da braucht. Ich meine, die Franzosen und die Italiener hätten diesbezüglich schon Dinge angekündigt.
Frage
Herr Wagner, wir bleiben grob in der Region: Der israelische Verteidigungsminister Katz hat am 28. Januar erklärt, die IDF werde in der auf dem Gipfel des Berges Hermon und darum herum etablierten Sicherheitszone verbleiben. Hierbei handelt es sich zweifelsfrei um syrisches Staatsgebiet, welches jetzt mit Waffengewalt von Israel besetzt wird. Da würde mich interessieren: Wieso kritisieren Sie in teilweise komplexeren völkerrechtlichen Kontexten Staaten, die Ähnliches tun, vehement, während Sie zu diesem erneuten, eklatanten Völkerrechtsverstoß von Israel jetzt aber schweigen? Können Sie mir einmal darlegen, was da die Motivation ist?
Wagner (AA)
Ich würde zurückweisen, dass ich dazu schweige. Ganz klar ist ja ‑ das haben wir an dieser Stelle, glaube ich, schon öfter erklärt, zum Beispiel auch im Zusammenhang mit der Reise der Ministerin nach Damaskus ‑, dass die territoriale Integrität Syriens gewahrt werden muss. Das gilt mit Blick auf alle ausländischen Kräfte, die dort wirken. Sie erwähnen jetzt Israel: In der Tat macht Israel sozusagen geltend, dass es sich da verteidigt. Da ist das Völkerrecht sehr klar: Man kann auf fremdem Staatsterritorium nur dann agieren, wenn man sozusagen unmittelbar Selbstverteidigungsrecht ausübt. Insofern ist es an Israel darzulegen, welchen konkreten Angriff es da fürchtet.
Klar ist aber ‑ das haben wir immer wieder betont ‑: Die territoriale Souveränität Syriens muss gewahrt werden. Das ist auch mit Blick auf den Übergangsprozess, den es jetzt in Syrien gibt, wichtig.
Zusatzfrage
Das heißt, die Besetzung dieser Sicherheitszone auf explizit syrischem Territorium benennen Sie nicht explizit als völkerrechtswidrig, sondern Sie sagen, das hänge davon ab, was für eine Erklärung für diese wohlgemerkt unbefristete Besetzung syrischen Territoriums Tel Aviv Ihnen liefert, habe ich das so richtig verstanden?
Wagner (AA)
Nein, das Völkerrecht ist da sehr klar: Es ist völkerrechtswidrig, und es wäre eben nur dann gerechtfertigt, wenn es eine unmittelbare Gefahr gibt. Es ist an Israel darzulegen, ob das der Fall ist.