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Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 22.01.2025

22.01.2025 - Artikel

Erlass mehrerer Dekrete durch den US-Präsidenten

Frage

US-Präsident Trump hat ja bereits angekündigt, dass er gemeinsam mit US-Konzernen massiv im Bereich KI investieren möchte. Von mehr als 100 000 Arbeitsplätzen ist die Rede. Wie ist die Bundesregierung in diesem Bereich aufgestellt? Was tut sie, um da mithalten zu können?

Hoffmann (BReg)

Vielen Dank für die Frage. - Wir erhalten ja in diesen Tagen eine wirklich große Vielzahl von Meldungen aus den USA über die ersten Schritte des neuen Präsidenten. Der Kanzler hat sich ja in verschiedenen Formaten dazu geäußert, dass wir weiterhin in allen Bereichen auch sehr eng mit unserem wichtigen Partner USA zusammenarbeiten wollen. Das gilt für alle Ankündigungen, die jetzt gemacht werden. Wir schauen uns das sehr genau an. Wir setzen darauf, dass Europa als ein großer Wirtschaftsraum und großer Binnenmarkt selbst gut aufgestellt ist, und natürlich wollen wir auch, was führende Technologien wie KI angeht, weiterhin auf Weltebene mitgestalten und wettbewerbsfähig mit dabei sein.

Was diese konkrete Ankündigung angeht, werden wir jetzt nicht unmittelbar reagieren, sondern für uns reiht sich das in unsere gesamte Politik ein, was KI angeht, die ja auch sehr stark auf EU-Ebene stattfindet. Wir schauen uns also sehr genau an, was die USA da machen, und überlegen, wie wir damit umgehen.

Zusatzfrage

Nun hatte Trump ja auch angekündigt, dass er Bidens KI-Richtlinien außer Kraft setzen will, in denen es auch um ethische Fragen und um die Frage geht, wie sich KI kontrollieren lässt. Ist das eine gefährliche Entwicklung?

Hoffmann (BReg)

Es gibt ja für die EU eine KI-Gesetzgebung, die verabschiedet worden ist, den AI-Act. Das ist eine Gesetzgebung, hinter der wir stehen und die wir auch für richtig halten. Grundsätzlich findet die Regulierung in diesem Bereich ja sehr stark im Rahmen der EU statt und wird auch von der Bundesregierung unterstützt.

Druckenthaner (BMVI)

Ich kann vielleicht auch kurz die Perspektive des Digitalministeriums ergänzen. Wir haben uns ja auch in der Vergangenheit zu KI-Fragen auf europäischer Ebene geäußert, und Europa muss hier seine Hausaufgaben machen. Wir brauchen weniger Regulierung und ein innovationsfreundliches Mindset, wenn es um disruptive Technologien wie KI geht. Dabei geht es auch um Fragen der Verfügbarkeit von Hochrisikokapital oder auch um Wettbewerbsrecht, das die Entwicklung großer Unternehmen ermöglicht. Wir brauchen auch eine bessere Datenverfügbarkeit; denn KI-Innovationen werden nur dort entstehen, wo Daten frei verfügbar sind. Ein Markenzeichen von Deutschland und Europa kann auf diesem Gebiet ja die vertrauenswürdige KI sein, bei der die Daten von Bürgern und Unternehmen besonders sicher sind. Diese Verlässlichkeit zeichnet unseren Standort aus und trägt auch dazu bei, dass wir international wettbewerbsfähig sind.

Frage

Es wurde von der Trump-Administration ja schon angekündigt, aus der WHO und aus dem Pariser Klimaschutzabkommen auszutreten. Wie bewerten Sie den Rückzug aus diesen multilateralen Projekten? Sieht die Bundesregierung noch eine Chance, da auf die Trump-Administration einzuwirken?

Hoffmann (BReg)

Grundsätzlich kann man sagen, dass die Bundesregierung und der Bundeskanzler diese Schritte bedauern. Wir setzen auf internationale Organisationen und auf eine regelbasierte internationale Ordnung. Wir nehmen jetzt zunächst einmal zur Kenntnis, dass der US-Präsident am Montag dieses Dekret unterzeichnet hat, mit dem er den Austritt aus dem Pariser Klimaschutzabkommen anordnet und ankündigt. Aus unserer Sicht ist der Klimawandel ein enormes globales Problem, auf das die Weltgemeinschaft insgesamt eine Antwort finden muss. Aus unserer Sicht ist das Pariser Klimaschutzabkommen unverzichtbar, und wir werden auch weiterhin darauf setzen. Es ist im Interesse unserer Staaten, und alle anderen großen CO2-Emittenten halten auch an diesem Abkommen fest. Wir werden also auf dem Kurs, den wir für richtig halten, weitergehen und werden natürlich auch mit den USA im Gespräch bleiben, um besser zu verstehen, was die Motive sind, was genau sie vorhaben. Aber grundsätzlich ist für uns ganz klar: Wir halten an diesem Abkommen fest.

Das gilt auch für die Mitgliedschaft in der WHO, die wir für eine wichtige, zentrale Organisation halten, um weltweiten Bedrohungen der Gesundheit ‑ wir erinnern uns ja zuletzt an die Pandemie ‑ auch entgegenzutreten und weltweit die Gesundheit zu schützen. Der internationale Weg ist der, den wir auch in der Zukunft für richtig halten.

Fischer (AA)

Vielleicht kann ich etwas ergänzen: Man kann vielleicht aus dem Pariser Klimaschutzabkommen aussteigen, aber aus dem Klimawandel selbst kann man nicht aussteigen. Der ist da. Deshalb arbeiten wir auch als Bundesregierung weiterhin im Rahmen des Pariser Klimaschutzabkommens daran, dass die Welt in Richtung eines 1,5-Grad-Zieles kommt. Dazu hat sich ja die Außenministerin gestern geäußert und hat sich die Beauftragte für internationale Klimapolitik der Bundesregierung, Jennifer Morgan, gestern geäußert. Beide haben ihr Bedauern zum Ausdruck gebracht und gleichzeitig noch einmal die Chancen der grünen Transformationen hervorgehoben.

Die Investition in Klimaschutz ist mittlerweile ja auch ein wirtschaftlicher Vorteil; denn laut Internationaler Energieagentur werden weltweit mittlerweile fast doppelt so viele Mittel in erneuerbare und saubere Technologien investiert wie in fossile. Das ist ein Trend, der sich auch nicht ändern wird, und das zeigt: Die globale Energiewende hat deutlich an Fahrt aufgenommen, ist im vollen Gange.

Gleichzeitig, das muss man leider auch sagen, sind die Folgen der Klimakrise so präsent wie nie, auch in den USA ‑ das sehen wir ja gerade zurzeit ‑, und keiner kann sich diesen Realitäten entziehen. Auf dieser Grundlage arbeiten wir weiter im Rahmen des Pariser Klimaschutzabkommens, aber werden natürlich auch weiterhin mit den USA daran arbeiten, die Klimakrise einzuhegen.

Frage

Ich habe auch eine Frage an Herrn Fischer, und zwar noch einmal im Nachgang zu diesem Leak des Berichtes des deutschen Botschafters in den USA. Wird das Auswärtige Amt dem noch einmal nachgehen, wo genau dieses Leak lag? Gibt es da irgendwelche internen Ermittlungen, oder lässt man die Sache jetzt erst einmal auf sich beruhen? Ich meine, der ganze Vorgang hat ja in den USA selbst offenbar doch für ein bisschen Verstimmung gesorgt.

Fischer (AA)

Ich habe mich ja dazu ‑ am Montag war das, glaube ich ‑ bereits umfassend geäußert. Es ist richtig: Da ist ein Drahtbericht, ein sogenannter DKOR, durchgestochen worden, der als „VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH“ eingestuft war. Eine Weitergabe von solchen eingestuften Informationen ist nicht erlaubt und kann für die betroffenen Personen Disziplinarkonsequenzen und gegebenenfalls auch strafrechtliche Konsequenzen haben. Ich glaube, man hat an der Art und Weise, wie das durchgestochen worden ist, durchaus gesehen, dass es da eine professionelle Handschrift gab. Das ist, glaube ich, nicht einfach so passiert. Vor diesem Hintergrund haben wir natürlich eine interne Untersuchung aufgenommen, und dazu gehört auch, dass Kolleginnen und Kollegen, die diesen DKOR erhalten haben, auch dienstliche Erklärungen abgeben werden oder es teilweise auch schon getan haben, dass sie diesen DKOR nicht nach außen gegeben haben. Das ist, glaube ich, der Weg, wie wir vorgehen. Wir stehen dazu auch im Gespräch mit den anderen Ministerien und dem Kanzleramt, die diesen Drahtbericht erhalten haben.

Zusatzfrage

Herr Fischer, können Sie ganz kurz erläutern, was genau diese dienstliche Erklärung beinhaltet? Was ist also das Besondere daran?

Fischer (AA)

Wenn man die dienstliche Erklärung abgibt, bestätigt man sozusagen, diesen Bericht nicht weitergegeben zu haben. Wenn sich herausstellt, dass jemand dagegen verstoßen haben sollte, können die dienstrechtlichen Konsequenzen bei einer fehlerhaften oder, sagen wir einmal, lügenhaften Abgabe einer dienstlichen Erklärung für den Betroffenen oder die Betroffene dann dramatisch sein.

Frage

Können Sie diese Konsequenzen dramatischer Art, die das haben kann, noch präzisieren?

Fischer (AA)

Das würde dann vom Einzelfall abhängen, aber ich glaube, wie gesagt, das kann durchaus weitreichend sein.

Frage

Können Sie irgendwie klassifizieren, wie groß die Personengruppe ist?

Können Sie diese dienstlichen Erklärungen, die Sie jetzt einfordern, nur innerhalb des Auswärtigen Amtes oder auch zum Beispiel im Kanzleramt einfordern, oder ist dafür dann wieder das Kanzleramt selbst zuständig?

Fischer (AA)

Ich werde die Zahl der potenziell Betroffenen hier nicht eingrenzen.

Aber zu dem zweiten Teil Ihrer Frage kann ich sagen, dass wir nur dienstliche Erklärungen für den Dienstbereich des Auswärtigen Amts einfordern können. Für die anderen betroffenen Ministerien wären die jeweiligen Ministerien selbst zuständig.

Zusatzfrage

Dann noch eine Nachfrage an Frau Hoffmann: Gibt es denn dann im Kanzleramt auch ein ähnliches Vorgehen?

Hoffmann (BReg)

Nicht, dass ich wüsste. - Meinen Sie jetzt, ob es generell oder ob es in Bezug auf diesen Fall ein solches Verfahren gibt?

Zusatzfrage

Ich meine, ob es in Bezug auf diesen Fall jetzt auch Nachfragen bei allen Personen innerhalb des Kanzleramts gibt, die Zugang zu diesem Bericht haben.

Hoffmann (BReg)

Dazu liegen mir keine Informationen vor.

Frage

Herr Fischer, als eine der letzten Amtshandlungen hatte Joe Biden Kuba von der Liste der staatlichen Sponsoren des Terrorismus genommen. Wiederum eine der ersten Amtshandlungen von Trump war, Kuba wieder auf diese Liste zu setzen. Als ich hier im September nachgefragt hatte, hat Ihr Kollege Wagner erklärt, dass sich Deutschland für die Streichung Kubas von dieser Liste einsetzt. Da würde mich nur interessieren: Bleibt Deutschland bei dieser Haltung und wird sich auch gegenüber der Trump-Administration für diese dann wieder erneute Streichung einsetzen?

Fischer (AA)

Unsere Haltung hat sich nichts geändert. Wir haben uns in den vergangenen Jahren gemeinsam mit unseren EU-Partnern dafür eingesetzt, dass Kuba von der US-Liste der sogenannten Terrorunterstützer gestrichen wird. Das war ‑ darauf haben Sie zu Recht hingewiesen ‑, glaube ich, zuletzt im September hier ein Thema. Das war dann in den letzten Tagen der Biden-Administrationen auch gelungen. Dass dies jetzt wieder zurückgenommen worden ist, bedauern wir, und, wie gesagt, an unserer Haltung in dieser Frage hat sich nichts geändert.

Zusatzfrage

Die Biden-Administrationen hat das ja auch damit begründet, dass es dafür keinerlei Hinweise und Belege gäbe. Da würde mich interessieren: Wie bewerten denn die Bundesregierung bzw. das Auswärtige Amt grundsätzlich diese Listung Kubas auf dieser Liste, die auch mit massiven Einschränkungen für internationale Finanztransaktionen einhergeht und massive Auswirkungen auch auf das Wohlergehen der Zivilbevölkerung in Kuba hat?

Fischer (AA)

Wenn wir uns dafür einsetzen, dass Kuba von dieser Liste heruntergenommen wird, dann sehen wir wahrscheinlich auch keinen Anhaltspunkt dafür. Es war ein gutes Signal aus der Biden-Administration, dass man dort nach einer langen Prüfung offensichtlich auch keine Anhaltspunkte mehr gesehen hat. Dass das jetzt zurückgenommen worden ist und Kuba durch die neue Administration wieder auf der US-Liste der Terrorunterstützer gelandet ist, ist bedauerlich.

Frage

Frau Baerbock schrieb zur Amtseinführung Trumps, man werde auf der Basis gemeinsamer Werte zusammenarbeiten. Jetzt ist es nicht nur so, dass Trump zum Beispiel toleriert hat, dass bei seiner Amtseinführung ein wichtiger Berater den Hitlergruß gezeigt hat. Auch was die geopolitischen Forderungen und Wünsche Trumps angeht, ist man ja eigentlich nicht auf einer Linie. Welche Werte teilt man denn eigentlich ganz genau mit der Trump-Administration?

Fischer (AA)

Ich glaube, es ging darum, dass wir auf Grundlage unserer Werte und unserer Interessen mit der amerikanischen Administration zusammenarbeiten.

Ich glaube, wenn Sie sich zum Beispiel die Senatsanhörung von Marco Rubio angehört haben, dann ist darin schon deutlich geworden, dass es in wichtigen außenpolitischen Feldern eben auch Übereinstimmung gibt. Zum einen haben wir ja den Einsatz der Trump-Administration gemeinsam mit der Biden-Administration für den Waffenstillstand in Gaza gesehen, und was die Geiselfreilassung angeht, haben wir sozusagen in dieselbe Richtung gedrückt und gedrängt. Es ist gut, dass diese Vereinbarung endlich über die Ziellinie gekommen ist und endlich die Waffen in Gaza schweigen. Gleichzeitig sieht man in der neuen US-Administration die Herausforderungen durch China, die entstehen. Wir sehen diese auch. Dann gibt es den Punkt der Sicherheitsverantwortung für Europa, hinsichtlich dessen wir aus eigenem Interesse daran interessiert sind, unsere Sicherheit und Verteidigungsfähigkeit auf eigene europäische Füße zu stellen. Dann hat Marco Rubio ja auch das Ziel eines Friedens durch Stärke in der Ukraine erklärt, was durchaus auch in die Richtung geht, die die Europäer, die die Europäische Union im Umgang mit diesem Konflikt anstreben.

Zusatzfrage

Gerade in Bezug auf den Nahen Osten gibt auch schon erste Entscheidungen von Trump, in Bezug auf Israel zum Beispiel die Aufhebung der Sanktionen gegen israelische Siedler, die Wiederherstellung von Sanktionen gegen den Internationalen Strafgerichtshof, die Aufhebung von Beschränkungen für Waffenverkäufe in Israel. Kann man insofern wirklich sagen, dass es da gemeinsame Interessen gibt?

Fischer (AA)

Es gibt Themen, bei denen wir gleichgerichtete Interessen haben, und es wird natürlich auch weiterhin Meinungsunterschiede mit der neuen US-Administration geben. Aber wir haben uns lange auf diese Trump-Administration vorbereitet und kennen die Felder, in denen wir hoffen, zusammenarbeiten zu können. Wir dürfen nicht vergessen: Die USA sind unser wichtigster Verbündeter außerhalb Europas.

Aber, wie gesagt, es gibt Bereiche, und über einige haben wir hier ja schon gesprochen, in denen wir auch unterschiedlicher Meinung sind. Wir haben hier die Klimafragen angesprochen, wir haben hier den Austritt aus der WHO angesprochen. Wir haben sicherlich eine andere Sicht auf die Aufhebung der Sanktionen für radikale jüdische Siedler im Westjordanland. Die Europäische Union wird an ihren Sanktionen festhalten. Wir haben möglicherweise eine andere Auffassung von der Bedeutung der Vereinten Nationen und der regelbasierten internationalen Ordnung. Aber wie unter engen Partnern üblich werden wir darüber reden und schauen, wo wir eine Interessenkongruenz finden, eine Interessenschnittmenge, und auf dieser Grundlage vorangehen.

Ich meine, die Außenministerin hat ja auch mehrfach betont: Wenn andere „My country first“ sagen, dann antworten wir mit „Europe united“. Ich glaube, wenn Sie wollen, dann lässt sich die Art der Außenpolitik, die wir gegenüber den USA betreiben wollen, als strategisch, geprägt von europäischem Selbstbewusstsein und pragmatisch beschreiben.

Frage

Ich hätte eine Frage an Frau Einhorn, also das Wirtschaftsministerium. Intern gibt es ja in den USA das Datum des 1. Aprils, bis zu dem man sich im Grunde auf eine Linie in Handelsfragen und hinsichtlich dieser Strafzölle verständigen will. Wie kann man sich jetzt eigentlich auf deutscher Seite oder europäischer Seite vorstellen, wie das ablaufen wird? Am 23. haben wir eben die Wahl, und dann müsste es ja danach sehr schnell damit gehen, dass man sich dann auch auf eine deutsche und vor allem auch europäische Linie verständigt. Gibt es da also irgendwelche ‑ ‑ ‑ Können Sie uns erklären, wie das eigentlich gehen soll? Da gibt es ja einen sehr großen Zeitdruck wegen des 1. Aprils.

Einhorn (BMWK)

Vielen Dank für die Frage. - Ich kann jetzt keine internen Daten der USA kommentieren und insofern darauf jetzt auch nicht direkt Bezug nehmen. Aber klar ist erst einmal grundsätzlich, dass wir nach allem, was jetzt auch schon gesagt wurde, natürlich daran interessiert sind, weiterhin gute Handelsbeziehungen zu erhalten und diese Handelsbeziehungen weiterhin auszubauen. Handelskonflikte und Zölle schaden letztlich beiden Seiten. Insofern geht es hier darum, diese eventuellen Zollspiralen auf jeden Fall zu vermeiden. Die Wahlkampfankündigung Trumps, was die möglichen Zölle auf EU-Güter angeht, haben wir daher auch mit Sorge wahrgenommen und werben weiterhin für offene Märkte und für Lösungen der wahrgenommenen Probleme, die es ja durchaus geben kann, ohne eben Zölle zu erheben, sondern, indem man andere Lösungen findet, auch in Handelsfragen.

Wichtig ist, dass wir als EU mit einer Stimme sprechen ‑ das ist ja auch das, was Sie eben angesprochen und schon gesagt haben, nämlich dass die Handelspolitik bei der EU liegt ‑ und dass wir ruhig agieren. Eine enge Abstimmung zwischen der Europäischen Kommission und den EU-Mitgliedstaaten ist in allen Phasen notwendig. Das ist auch das, was wir auch in Vorbereitung auf die Wahl schon seit Monaten gemeinsam betreiben. Wir stehen hier im vertrauensvollen und engen Austausch mit der Kommission und mit den anderen Mitgliedstaaten.

Die Kommission hat sich auch gemeinsam mit den Mitgliedstaaten auf alle möglichen Szenarien vorbereitet. Man kann sich ja nach der ersten Trump-Administration auch ungefähr vorstellen, was passieren könnte. Auch damals hat die EU ja schlagkräftig reagiert. Insofern sind wir vorbereitet, die EU ist vorbereitet. Zentral ist aber, dass möglichst dieses Datum, das Sie nennen, nicht eintritt und man zu anderen Lösungen kommt.

Hoffmann (BReg)

Vielleicht kann ich das noch ergänzen, weil Ihre Frage ja auch auf die Handlungsfähigkeit der Bundesregierung in Zeiten einer Bundestagswahl zielte. Da will ich nur noch einmal unterstreichen, dass wir ja eine Bundesregierung haben, auch zu jedem Zeitpunkt immer eine geschäftsführende Bundesregierung haben werden und insofern auch immer handlungsfähig sind. Sie wissen, dass der Bundeskanzler gerade heute zum Austausch mit dem französischen Präsidenten Macron in Paris ist, wo es natürlich auch um all diese außenpolitischen und handelspolitischen Fragen gehen wird.

Die Ankündigung der US-Regierung ist ja jetzt auch schon seit Längerem bekannt. Es gibt also auch in Brüssel ‑ das hat ja Frau Einhorn auch alles ausgeführt ‑ Vorbereitungen, und wir stehen da im Austausch. Da ist also nicht zu befürchten, dass es in irgendeiner Form ein Vakuum oder eine Zeit geben könnte, in der man nicht reaktions- oder handlungsfähig wäre.

Zusatzfrage

Heißt das, diese Maßnahmen, auf die sich die Kommission schon intern verständigt hat, sind sozusagen schon von dieser jetzt noch amtierenden Bundesregierung abgesegnet worden und würden dann auch entsprechend nach der Bundestagswahl weiterhin gelten?

Hoffmann (BReg)

Wir stehen darüber mit der Kommission im Austausch. Ich würde das jetzt nicht so festlegen wollen, wie Sie das mit der Frage insinuiert haben, sondern wir stehen da im Austausch.

Frage

Frau Einhorn, Ihre Ausführungen sind jetzt bei mir zwischen den Zeilen so angekommen, dass sich die Bundesregierung nicht für Gegenzölle einsetzt, wenn Trump von sich aus den ersten Schritt macht und Zölle gegen die EU erhebt. Habe ich das richtig verstanden?

Einhorn (BMWK)

Da fühle ich mich jetzt sehr stark interpretiert. Ich habe nur gesagt, dass es natürlich unser Ziel ist, Zölle zu vermeiden ‑ das ist gar kein Geheimnis; das ist ja keine neue Position ‑ und wir uns dafür einsetzen, mögliche Probleme, Konflikte, die gesehen werden, ohne Zölle zu lösen, nämlich im gegenseitigen Austausch mit unserem wichtigsten Handelspartner USA.

Nichtsdestotrotz sind wir natürlich, wie die Kommission, wie die anderen Mitgliedstaaten, seit langem dabei, mögliche Szenarien durchzugehen und uns auf alles Mögliche vorzubereiten. Und wenn es dann soweit sein sollte, dass gehandelt werden muss, dann wird die EU auch bereit sein und handeln können.

Zusatzfrage

Können Sie sagen, ob es seit Montag schon Kontakte gab und vielleicht noch einmal kurz umschreiben, was Sie mit anderen Lösungen meinen.

Einhorn (BMWK)

Andere Lösungen heißt einfach, dass man im Gespräch ist und man gemeinsame Lösungen für wahrgenommene Probleme, meinetwegen auch in Handelsfragen, findet, die eben nicht Zollerhöhungen sind. Zölle werden beiden Seiten des Atlantiks schaden, weil das für die Wirtschaft kein Booster ist, sondern letztendlich eine Abschwächung der Wirtschaftsleistung bedeutet. Insofern gibt es da andere Möglichkeiten, einen Austausch, der stattfinden muss, und dann können auch andere Lösungen gefunden werden.

Zusatzfrage

Gab es schon Kontakte?

Einhorn (BMWK)

Wir ‑ die anderen Häuser, der Bundeskanzler, die Bundesregierung, die EU-Kommission ‑ haben ja einen ständigen Kontakt zu amerikanischen Partnern. Selbstverständlich.

Frage

Trump ist aus der globalen Mindestbesteuerung für Großkonzerne ausgestiegen. Das war für den Bundeskanzler seit 2021 immer ein wichtiges Projekt. Setzt sich die Bundesregierung dafür ein, dass es jetzt die Einführung einer Mindeststeuer auf europäischer oder nationaler Ebene verpflichtend geben soll?

Hoffmann (BReg)

Wir haben natürlich zur Kenntnis genommen, was Trump dort angekündigt hat. Wie Sie sagen, ist das die globale Mindeststeuer für den Bundeskanzler und die Bundesregierung ein wichtiges Anliegen. Somit stehen wir auch zu den OECD-Vereinbarungen, die maßgeblich auch auf Betreiben der Bundesregierung zustande gekommen sind. Wir stehen zu den Vereinbarungen, die getroffen wurden ‑ es ist ja so, dass die USA angekündigt haben, da auszusteigen ‑, und die haben für sich natürlich erst einmal weiter Bestand.

Auch die Europäische Kommission hat gestern betont, dass sie zunächst einmal in einen Dialog mit den USA gehen will und es jetzt darum geht, grundsätzlich besser zu verstehen, was die USA wollen. Wir beginnen jetzt, dort einzusteigen und uns auszutauschen und hoffen, dass wir uns im Verständnis annähern können. Wir werden auf jeden Fall an diesem Konzept festhalten und versuchen, das auch weiterhin möglichst breit zu fahren.

Zusatzfrage

Der Wille der USA, jedenfalls Trumps, ist erkennbar. Er will da heraus. Bedeutet das, dass es dann doch nicht ‑ jedenfalls nicht jetzt ‑ das Projekt gibt, die Regelung als Konsequenz zumindest auf EU-Ebene umzusetzen?

Hoffmann (BReg)

Das ist ja auf OECD-Ebene vereinbart worden, und dort würde ich das zunächst weiterhin sehen.

Frage

Macht ein Steuerabkommen ohne das wichtigste und größte volkswirtschaftliche Land der Welt Sinn?

Hoffmann (BReg)

Natürlich ist es für uns nicht wünschenswert, dass die USA sich aus diesem Abkommen verabschieden. Die US-Regierung hat ja jetzt zunächst einmal einen Prüfprozess zu internationalen Projekten und Prozessen gestartet. Wir werten das noch nicht grundsätzlich als eine generelle Absage, sondern wollen ins Gespräch kommen, um zu sehen, ob man sich nicht vielleicht doch irgendwie annähern und zueinander finden kann.

Zusatzfrage

Es gibt ja noch eine zweite Säule des Abkommens. Die Mindeststeuer ist ja eigentlich der leichtere Teil davon, der auch schon weiter fortgeschritten ist. Der kompliziertere Teil ist die Umverteilung von Besteuerungsrechten von ganz großen, vor allem digitalen Unternehmen zwischen Industrie- und Schwellenländern. Ist diese Säule jetzt aus Ihrer Sicht erst recht nicht einlösbar, also quasi tot, wenn die erste Säule mit den USA schon nicht richtig funktioniert?

Hoffmann (BReg)

Da müsste ich vielleicht ein Fachressort um Unterstützung bitten.

Zusatz

Vielleicht das Finanzministerium.

Ernoult (BMF)

Ich schließe mich den Worten selbstverständlich an. Wie eben bereits gesagt: Die Bundesregierung hat sich gemeinsam mit der internationalen Staatengemeinschaft intensiv gegen Steuerdumping und unfairen Steuerwettbewerb eingesetzt. Mit der Reform der internationalen Unternehmensbesteuerung war es gelungen, einen großen globalen koordinierten Schritt hin zu einer angemessenen Besteuerung multinationaler Unternehmen der Welt zu gehen.

Wir nehmen als BMF zunächst einmal zur Kenntnis, dass die US-Administration sich an frühere Zusagen und Verpflichtungen der Vorgängeradministration nicht mehr gebunden fühlt. Die Distanzierung des US-Präsidenten von Verhandlungspositionen der beiden Regierungen zur Zwei-Säulen-Lösung dient offenbar der Schaffung eines umfassenden Prüfungs- und Verhandlungsspielraums für die neue US-Regierung. Etwaige Auswirkungen, ob auf die erste oder zweite Säule, bleiben nun abzuwarten.

Vielleicht zur Ergänzung: Der OECD-Generalsekretär hat bereits angekündigt, die Arbeiten mit den USA und allen beteiligten Staaten fortzusetzen, um eine internationale Zusammenarbeit zu unterstützen, die Rechtsklarheit fördert, Doppelbesteuerung vermeidet und die Besteuerungsgrundlagen schützt.

Das heißt, ich würde jetzt an der Stelle keine Ausdifferenzierung zu den einzelnen Säulen vornehmen.

Nahostkonflikt

Frage

Sehr wenige Tage nach dem Waffenstillstand sehen wir, dass das israelische Militär eine Operation im Westjordanland macht. Auch die Siedlergewalt ist dort in den letzten Tagen noch einmal eskaliert. Wie beurteilen Sie die Lage?

Fischer (AA)

Das ist eine sehr weitgehende Frage.

Wir sind natürlich erst einmal erleichtert ‑ das habe ich auch schon zum Ausdruck gebracht ‑ über die ersten Tage der Abmachung des Waffenstillstands und des Geiseldeals. Sowohl Waffenruhe, Freilassung der Geiseln als auch Lieferung von humanitären Materialien und humanitärer Hilfe in den Gazastreifen scheinen gut zu funktionieren. Die ersten Geiseln sind freigekommen. Wir werden uns jetzt dafür einsetzen, dass weitere Geiseln, darunter auch deutsche Staatsangehörige, freikommen.

Außerdem haben wir auch den massiven Anstieg des Zugangs der humanitären Unterstützung gesehen. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind seit Sonntag über 2.000 Lkw-Ladungen in den Gazastreifen eingefahren. Das ist das wahrscheinlich so notwendige Fluten von Gaza mit humanitärer Hilfe, für die wir uns schon sehr lange eingesetzt haben.

Aber Sie haben Recht: Während es aus Gaza derzeit positive Signale gibt, sind wir sehr besorgt über die Lage im Westjordanland. Es findet in Jenin scheinbar eine größer angelegte israelische Operation namens „Iron Wall“ statt, bei der es zahlreiche Opfer und Verletzte gegeben hat. Das ist zutiefst bedauerlich, nachdem dort zuletzt auch die palästinensischen Sicherheitskräfte aktiv waren, um Sicherheitsbedrohungen in Jenin zu bekämpfen. Und es ist ja gemäß des Oslo-Abkommens in erster Linie Aufgabe der Sicherheitskräfte der palästinensischen Autonomiebehörde, in A-Gebieten des Westjordanlands für Sicherheit zu sorgen. Das Eingreifen der israelischen Truppen untergräbt dort die Legitimität der palästinensischen Sicherheitskräfte.

Israel ist Besatzungsmacht im Westjordanland und damit zur Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung berechtigt und verpflichtet. Dies muss jedoch im Einklang mit dem Völkerrecht erfolgen. Wir rufen in dieser akuten Phase alle zur Zurückhaltung auf, weil auch nicht ausgeschlossen werden kann, dass es Wechselwirkungen zwischen den Operationen im Westjordanland und dem Gazastreifen gibt.

Wir sind ‑ das wissen Sie ‑ auch besorgt über den weiteren Anstieg von Siedlergewalt sowie über Aussagen israelischer Kabinettsmitglieder, die das gewalttätige Vorgehen der Siedler als Teil des Kampfes gegen den Terror bezeichnen und es auf diese Art und Weise legitimieren. Solche Gewalt und ihre Legitimierung ist durch nichts zu rechtfertigen, verstößt gegen Menschenrechte und beschädigt die Aussichten auf die Lösung des Nahostkonflikts. Wir werden auch auf europäischer Ebene diese Siedlergewalt weiter im Blick behalten und verfolgen.

Zusatzfrage

Haben Sie denn den Eindruck, dass die Amtseinführung Trumps und das, was er bisher schon umgesetzt beziehungsweise angekündigt hat, im direkten Zusammenhang mit der Siedlergewalt stehen, die jetzt weiter eskaliert, weil diese Leute sich natürlich bestätigt sehen bzw. die US-Unterstützung im Rücken haben?

Fischer (AA)

Ich würde jetzt nicht darüber spekulieren, was diese jüngste Welle der Siedlergewalt ausgelöst hat. Fakt ist: Es gibt sie. Die israelischen Sicherheitskräfte sind aufgerufen, dagegen vorzugehen.

Wirtschaftssanktionen gegen Syrien

Frage

Wegen des Assad-Regimes sind damals Wirtschaftssanktionen gegen Syrien beschlossen worden. Meine Frage: Wann hebt die Bundesregierung diese Wirtschaftsblockade gegen Syrien auf?

Fischer (AA)

Es handelt sich dabei um europäische Sanktionen, die gegen das Assad-Regime verhängt worden sind. Das heißt, sie können auch nur auf europäischer Ebene aufgehoben werden. Wir arbeiten mit einigen unserer Partner daran. Es gibt dazu Diskussionen im Rahmen der EU, wie man weiter vorgeht, welche Sanktionen aufgehoben werden können, welche zum Beispiel bestehen bleiben. Ich glaube, es wäre jetzt nicht sinnvoll, die Sanktionen gegen Herrn Assad, der ja ein brutaler Diktator und Mörder gewesen ist oder weiterhin ist, aufzuheben und auch nicht gegen seine engsten Gefolgsleute. Aber bei den Wirtschaftssanktionen sind wir im Gespräch mit unseren EU-Partnern. Ich bin sicher, dass das ein wichtiges Thema für den am Montag bevorstehenden EU-Außenministerinnen- und Außenministerrat sein wird.

Präsidentenwahl in Georgien

Frage

Herr Fischer, Thema Georgien: Am 15. Januar 2025 hat Ihr Nachnamensvetter, der deutsche Botschafter in Georgien, Peter Fischer, die abgewählte Ex-Präsidentin Surabischwili noch offiziell als aktuelle Präsidentin Georgiens bezeichnet. Auf der Länderseite des AA wird sie ebenfalls noch, Stand 22. Januar, als Präsidentin bezeichnet, und der 28. November 2018 wird als angeblich letzte Wahl genannt. Die Präsidentschaftswahl am 14. Dezember 2024 wird völlig ignoriert.

Könnten Sie uns vor diesem Hintergrund kurz erläutern, auf welchem verfassungsgemäßen und völkerrechtlichen Grundplan die Bundesregierung nach wie vor die abgewählte Ex-Präsidentin als amtierend bezeichnet?

Fischer (AA)

Das müsste ich Ihnen einfach nachreichen.

Zusatzfrage

Dann noch eine Verständnisfrage ‑ auch auf das Risiko hin, dass das auch nachgereicht wird:

Auf eine aktuelle Anfrage des BSW, wer nach Kenntnis der Bundesregierung aktuell Präsident von Georgien ist, antwortete das Auswärtige Amt am 16. Januar ‑ ich zitiere ganz kurz ‑: Am 29. Dezember 2024 zog Micheil Kawelaschwili, der von der Wahlversammlung am 14. Dezember gewählte Kandidat des Georgischen Traums, in den Amtssitz des georgischen Präsidenten ein.

Da würde mich interessieren: Wieso antworten Sie dem BSW mit Verweis auf den aktuell gewählten Präsidenten, aber der deutsche Botschafter in Georgien und die Seite des AA sehen noch die abgewählte Präsidentin als amtierende Präsidentin?

Fischer (AA)

Dann halten wir doch einmal verschiedene Dinge fest.

Das Erste ist: Sie haben Ihre Antwort aus der parlamentarischen Anfrage. Das heißt, zu dem Thema müssen wir nichts nachreichen.

Das Zweite ist: Die Webseite des Auswärtigen Amts wird in regelmäßigen Abständen aktualisiert. Das hat offensichtlich noch nicht stattgefunden. Denn selbstverständlich würden dort ähnliche Dinge stehen, wie wir in der parlamentarischen Anfrage geantwortet haben.

Zusatzfrage

Die Problematik bleibt ja bestehen. Am 15. Januar 2025 erklärt der deutsche Botschafter in Georgien die Ex-Präsidentin zur noch amtierenden Präsidentin; einen Tag später sagen sie dem BSW, sie erkennen de facto den neu gewählten Präsidenten an. ‑ Der Widerspruch wird sich auch Ihnen erschließen.

Fischer (AA)

Offensichtlich gibt es ja eine zeitliche Abfolge.

Im Übrigen: Sehen Sie es mir nach, ich kenne nicht jedes einzelne Statement unserer Auslandsvertretungen.

Wie gesagt: Das, was in der Antwort der parlamentarischen Frage an den BSW steht, ist leitend für das Auswärtige Amt.

Finanzierung von Hilfen für die Ukraine

Frage

Frau Hoffmann, der Bundeskanzler hat ja die Außenministerin im Streit um diese drei Milliarden Euro der Lüge bezichtigt. Könnten Sie kurz erläutern, worin seiner Ansicht nach genau die Lüge besteht? Also wo hat die Außenministerin gelogen? Dann hätte ich gern noch eine Reaktion von Herrn Fischer darauf.

Hoffmann (BReg)

Der Bundeskanzler hat sich in letzter Zeit selbst öffentlich mehrfach ausführlich dazu geäußert ‑ und das bedarf, glaube ich, keiner weiteren Ausführung. Aber er ist ganz grundsätzlich der Meinung, dass, wenn es um die Finanzierung weiterer Militärhilfen für die Ukraine geht, die Person, die das fordert, auch klar darlegen sollte, wo dieses Geld herkommen soll, weil er im Haushalt für 2025 ‑ das hat er ja auch gesagt ‑ bedeutende Lücken sieht. Ich will jetzt nicht die ganzen Zahlen wiederholen, die er genannt hat. Das ist alles in dem nachzulesen, was er gesagt hat; und dem habe ich jetzt nichts hinzuzufügen.

Zusatzfrage

Aber das ist doch keine Lüge, sondern dann müsste man einfach sagen, wo das Geld herkommen soll. Der Lügenvorwurf ist eigentlich sehr hart.

Hoffmann (BReg)

Der Bundeskanzler hat gesagt, was er gesagt hat, und er hat auch gemeint, was er gesagt hat.

Fischer (AA)

Die Außenministerin hat sich ja auch dazu geäußert. Sie hat in aller Ernsthaftigkeit gesagt, dass die Zeiten zu herausfordernd sind und Deutschland eine zu große Verantwortung trägt, als dass wir in den nächsten Wochen alle in Wahlkampfrhetorik verfallen sollten. Sie hat erklärt, dass es eine essentielle Frage für das Vertrauen in Europa ist, ob wir fähig sind, im Interesse unser aller Sicherheit, unserer europäischen Sicherheit, zu handeln, und wir unseren europäischen Nachbarländern das Wort gegeben haben, dass wir an der Seite der Ukraine stehen, solange diese Deutschland braucht, und dass Deutschland auch an der Seite der europäischen Partner steht. Deswegen ist es wichtig, dass wir gerade dann, wenn die Ukraine in einer schwierigen Situation ist, sie an allen Fronten unter Druck steht, Putin das Land mit Luftangriff auf Luftangriff überzieht und einen brutalen Kältekrieg führt, wir die Ukraine weiter unterstützen mit dem, was wir haben und was wir können. Da gibt es gemeinsam ausgearbeitete Vorschläge. Wir setzen darauf, dass wir in diesem Rahmen eine gute Lösung innerhalb der Bundesregierung finden, um der Ukraine weitere Unterstützung zur Verfügung stellen zu können.

Frage

Frau Hoffmann, der Bundeskanzler hat bei seiner Anmahnung der Finanzierungsklärung sinngemäß gesagt, es müsse dafür gesorgt werden, dass das nicht am Ende von Rentnerinnen und Rentnern finanziert würde. Was hat ihn zu dieser Aussage veranlasst? Die Rentenansprüche existieren doch per Gesetz; sie stehen in keiner Weise im Zusammenhang mit möglichen weiteren Zahlungen an die Ukraine.

Hoffmann (BReg)

Ich bleibe bei dem, was ich eben gesagt habe. Der Bundeskanzler hat sich wirklich mehrfach in den vergangenen Tagen dazu im Detail eingelassen. Das bedarf jetzt an dieser Stelle keiner Interpretation durch mich. Das ist alles dort nachzulesen.

Fischer (AA)

Aber vielleicht kann ich ergänzen: Es wird natürlich nicht bei der Rente gekürzt. Die ist ohnehin gesetzlich gesichert und kann auch gar nicht gekürzt werden.

Zusatzfrage

Ja eben, das meinte ich. Also warum ‑ dann noch einmal die Frage, und die sehe ich nicht durch Äußerungen des Bundeskanzlers beantwortet ‑ hat er eine gefährliche Finanzierungslücke ins Gespräch gebracht, die nach Lage der Dinge, zumindest im Hinblick auf Rente, nicht besteht? Warum hat er das gemacht, Frau Hoffmann?

Hoffmann (BReg)

Er hat auf die Lücke im Haushalt verwiesen und die Notwendigkeit, wenn jetzt weitere Ausgaben für die Ukraine geplant werden, Finanzierungsvorschläge mitzuliefern. Das hat er alles sehr genau ausgeführt.

Beschädigung von Kommunikationskabeln in der Ostsee

Frage

Außenministerin Baerbock hatte vor dem Hintergrund der beschädigten Kommunikationskabel in der Ostsee auf hybride Gefahren durch eine russische Schattenflotte verwiesen. Verteidigungsminister Pistorius bezeichnete die Vorfälle explizit als Sabotage und erklärte, niemand glaube, dass diese Kabel versehentlich durchtrennt würden. Auch er verwies im weiteren Verlauf auf Russland.

Internationale Untersuchungen der USA und der EU-Länder sind diese Woche zu dem Schluss gekommen, Russland sei für die Zerstörung der Kabel nicht verantwortlich, sondern nach detaillierter Prüfung habe sich ergeben, das seien tatsächlich Unfälle gewesen. Die entsprechende Berichterstattung von „Washington Post“ und Co. wird Ihnen sicherlich bekannt sein.

Auf welcher faktischen Grundlage haben die Minister Pistorius und Baerbock ihre Beschuldigung gegenüber Russland formuliert?

Fischer (AA)

Lassen Sie mich vorweg sagen, dass sich die Gefahrenlage durch hybride Bedrohungen immer mehr verstärkt. Es gibt Vorfälle wie Kabeldurchtrennungen, Pipelinebeschädigungen, GPS-Störungen, Entfernung von Bojen in Grenzgebieten, Flug unbekannter Drohnen über kritische Infrastruktur, übrigens auch in Deutschland, etc. pp. Diese Vorfälle haben sich in den letzten Monaten vermehrt. Das ist, denke ich, eine besorgniserregende Entwicklung.

Vor diesem Hintergrund möchte ich noch einmal unterstreichen, dass unsere europäische Sicherheit nicht nur durch Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine, sondern auch durch hybride Bedrohungen von Seiten böswilliger Akteure bedroht wird. Der Schutz unserer gemeinsamen Sicherheit und unserer gemeinsamen kritischen Infrastruktur ist unabdingbar und zentral für unsere Gesellschaften. Pipelines oder Glasfaserkabel am Boden der Ostsee sind durchaus auch wirtschaftliche Lebensadern. Die Außenministerin hat das einmal sehr auf den Punkt gebracht: Es fällt bei dieser Aneinanderreihung von Ereignissen schwer, an Zufälle zu glauben.

Lassen Sie mich ergänzen. Ich komme aus einem kleinen Dorf an der Nordseeküste. Bei uns gibt es durchaus das eine oder andere Schiff, und sie werfen mitunter auch Anker. Wenn solch ein Anker mehrere hundert Kilometer hinter einem Schiff hergezogen wird, dann lässt das darauf schließen, dass die Besatzung entweder extrem schlecht ausgebildet ist oder besoffen ist oder das mit Vorsatz tut. Sie können sich eine der drei Varianten aussuchen.

Stempfle (BMVg)

Ich habe dem nur wenig hinzuzufügen. Vielleicht noch ein Gedanke: Eines der Wesensmerkmale hybrider Angriffe ist, dass man am Anfang nicht weiß, von wem sie ausgehen, sondern das erst nachträglich recherchiert. Deswegen kann man diese hybriden Angriffe aber nicht einfach so stehen lassen. Dann muss man auf Anhaltspunkte zurückgreifen, die es gibt. Manchmal ist es klarer. Wenn sich zum Beispiel im Luftraum nicht an Spielregeln gehalten wird ‑ denken Sie an das Ausschalten des Transponders zur Positionsbestimmung und ähnliche Dinge ‑, dann lässt sich das schneller nachweisen als andere Dinge. Grundsätzlich ist es für den Minister wichtig, nicht auszuschließen, dass es sich um hybride Attacken handeln kann, sondern dass man geradezu dazu verpflichtet ist, auch diese Möglichkeit in Erwägung zu ziehen, und dann in Abstimmung mit Partnern recherchiert, was es im Einzelfall tatsächlich war.

Frage

Die Bundeswehr ist in verschiedene Missionen in der Ostsee eingebunden. Gibt es inzwischen schon eine Zahl, wie groß die Abdeckung durch die Bundeswehr und durch andere Partnernationen im Sinne der Überwachung der Ostsee ist?

Wie hat sich dies im Vergleich zu der Zeit, als es zum Beispiel die Vorfälle um die Nord-Stream-Pipeline gab, verbessert? Gibt es eine Zahl, inwieweit sich die Abdeckung dort verbessert hat?

Stempfle (BMVg)

Nein, die gibt es nicht, weil man das aus militärischen Sicherheitsgründen heraus ganz bewusst nicht öffentlich macht.

Zusatzfrage

Hat es sich in den letzten Jahren verbessert?

Stempfle (BMVg)

Ja.

Frage

Sie haben auch heute wieder betont, dass sich die Bundesregierung grundsätzlich nicht an Spekulationen beteilige. Im Falle der Ostseedatenkabel ist genau das der Fall gewesen. Da hat man über einen Täter spekuliert, obwohl die darauf folgende Untersuchung jetzt darauf hindeutet ‑ ‑ ‑ Alle westlichen Geheimdienste inklusive der CIA haben jetzt gesagt: Nach unseren Einschätzungen waren das Unfälle. ‑ Wieso bleibt man ‑ ‑ ‑

Fischer (AA)

Ich darf kurz unterbrechen. Die Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen. Insofern wäre ich sehr vorsichtig mit der Behauptung, es sei kein hybrider Vorfall gewesen.

Zusatzfrage

Genau. Die Untersuchung ist noch nicht abgeschlossen; das ist mein Stichwort. Wieso beharrt man bei Nord Stream 2 explizit darauf, sich nicht an Spekulationen zu beteiligen, und betont immer wieder, man warte erst die Untersuchungen ab, aus welcher Motivationslage folgt man dieser Regel bei Nord Stream, ist ihr aber im Zusammenhang mit den Unterseekabeln nicht gefolgt?

Fischer (AA)

Das Verfahren im Zusammenhang mit Nord Stream liegt beim Generalbundesanwalt. Er hat die Ermittlungshoheit und auch die Kommunikationshoheit darüber. Das, was in der Ostsee passiert ist, liegt in diesem Fall nicht beim Generalbundesanwalt und ist Gegenstand internationaler Ermittlungen.

Ich denke, wenn man eine Häufung solcher Vorfälle sieht, dann ist es gute und kluge Politik, sich darauf vorzubereiten, wie man damit umgeht, und gegebenenfalls auch Maßnahmen zu ergreifen, und das tun wir. Das ist ja nicht das einzige Problem. Wir sehen zum Beispiel auch die russische Schattenflotte, die durch die Ostsee fährt und sozusagen altersschwache Tanker hat, die jederzeit auseinanderbrechen können, mit schlecht ausgebildeten Besatzungen fahren und einfach eine Gefahr für die Umwelt im Ostseeraum darstellen. Ich denke, da gibt es sehr viele Dinge, auf die wir uns einstellen müssen. Dass wir dies tun, ist gute Außen- und Sicherheitspolitik.

Zusatzfrage

Ich habe immer noch nicht verstanden, wieso Sie in dem letzten Fall die Untersuchung nicht abgewartet haben. Sie können sich ja trotzdem darauf einstellen. Wieso gibt es offizielle Aussagen von Außenministerium und Verteidigungsministerium zu einer Causa, in der die Untersuchung noch läuft und alles darauf hindeutet, dass der von den besagten Ministern geäußerte Verdacht nicht zutrifft?

Fischer (AA)

Ich denke, es hat nie jemand bestritten, dass die Nord-Stream-Pipeline in die Luft gesprengt wurde. Insofern geht es erst einmal um die Faktenbeschreibung. Dann geht es um die Aufklärung, und diese liegt beim Generalbundesanwalt.

Sie sprechen nun die Durchtrennung von Kabeln an. Das haben wir in letzter Zeit häufiger gesehen. Darauf müssen wir uns einstellen. Wenn Sie die Äußerungen der Ministerin genau verfolgen, dann können Sie feststellen, dass sie auch erklärt hat, es falle ihr mehr als schwer, dabei noch an Zufälle zu glauben. Das lässt verschiedene Möglichkeiten offen.

Es geht in diesen Fällen durchaus einfach um die Tatsachenbeschreibung. Das eine ist in die Luft gesprengt worden. Darüber sind wir uns einig. Die Ermittlungen laufen, die strafrechtlichen Ermittlungen. Bezüglich des anderen sind wir noch bei der Schadensaufklärung, können bestimmte Dinge nicht ausschließen und müssen uns, weil sich die Dinge wiederholt haben, mit einer besseren Überwachung im Ostseeraum darauf einstellen.

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