Willkommen auf den Seiten des Auswärtigen Amts
Erklärungen des Auswärtigen Amts in der Regierungspressekonferenz vom 13.01.2025
- Havarierter Öltanker vor Rügen
- Lage in Venezuela
- Lage zugewandereter Syrerinnen und Syrer in Deutschland
- Annullierung der Präsidentschaftswahl in Rumänien
- Annahme eines Gesetzes durch das US-Repräsentantenhaus hinsichtlich Sanktionen bei einer Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof
- Organisation der Bundestagswahl für Deutsche im Ausland
- Nahostkonflikt
- Vorwurf des Völkermords gegen die sudanesischen Rapid Support Forces
Havarierter Öltanker vor Rügen
Frage
Lernfrage: Das Schiff wird ja als Teil der russischen Schattenflotte bezeichnet. Gibt es seitens der Bundesregierung oder nachgelagerter zuständiger Behörden irgendeine Kommunikation mit irgendeiner russischen Administration über dieses oder andere Schiffe?
Wagner (AA)
Ich fühle mich da nicht voll berufen, aber da Sie die Schattenflotte erwähnen: Das ist ja ein Instrument, das von Russland eingesetzt wird, um Öl unter Umgehung von Sanktionen zu exportieren. Das ist eine Problematik, die wir jetzt schon seit einigen Monaten kennen. Die Bundesregierung ist in Brüssel auch sehr aktiv, um die rechtlichen Mittel, die uns da zur Verfügung stehen ‑ sprich Sanktionen ‑, voranzutreiben. Wenn ich mich richtig erinnere, sind mittlerweile 79 Schiffe gelistet, die wir zu dieser Schattenflotte zählen. Das sind eben Schiffe, die nicht unbedingt russischen Eignern gehören, sondern durchaus auch andere Flaggenstaaten haben. Insofern ist das ein Aspekt, zu dem wir in enger Abstimmung mit unseren internationalen und europäischen Partnern gegen diese Schattenflotte aktiv sind. Ein anderer Aspekt ist, dass wir weltweit sehr aktiv Outreach betreiben, um mit Flaggenstaaten zu sprechen und diese zu sensibilisieren ‑ nicht nur für die Problematik der Sanktionsumgehung mit diesen Schiffen, sondern auch für die Problematik der potenziellen Umweltschäden, die nicht nur uns in der Ostsee betreffen, sondern in vielen Gewässern weltweit eine Gefahr bedeuten.
Zusatzfrage
Verstehe ich das richtig, dass der Begriff russische Schattenflotte insofern meint, dass diese Flotte russisches Öl transportiert, nicht aber, dass es in irgendeiner Weise eine von der russischen Regierung betriebene Armada oder Flotte sei? Denn wenn das so wäre und nachweisbar so wäre, dann müssten Sie doch eigentlich mit der Regierung direkt Kontakt darüber aufnehmen, oder?
Wagner (AA)
Ich habe ja eben skizziert, dass das Schiffe sind, die unter ganz unterschiedlicher Eignerschaft und unterschiedlichen Flaggenstaaten stehen, deren sich Russland aber bedient, um genau das zu tun, was Sie in Ihrer Frage skizzieren, nämlich unter Sanktionsumgehung Öl zu exportieren. In der Tat ist es also so, dass das sehr grau ist.
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Lage in Venezuela
Frage
An Herrn Hebestreit oder Herrn Wagner zum Thema Venezuela: Trotz internationaler Vorwürfe, sehr heftiger Proteste und Vorwürfen des Wahlbetrugs ist der venezolanische Staatschef Nicolas Maduro zu seiner dritten Amtszeit vereidigt worden. Was ist die Position der deutschen Regierung dazu?
Wagner (AA)
Vielen Dank für die Frage. ‑ Die Position hat sich im Grunde seit letzter Woche, wo wir hier, glaube ich, auch schon einmal über die Problematik gesprochen haben, nicht verändert. Es ist weiterhin so, dass die „Actas“, also die offiziellen Wahlunterlagen, anhand deren man auch nachvollziehen kann, wie die Wahl wirklich ausgegangen ist, nicht veröffentlicht worden sind. Solange das nicht geschehen ist, kann man eben nicht sagen, wer diese Wahl gewonnen hat. Deshalb fordert die Europäische Union nicht nur von den Machthabern in Caracas, die Repression und die Unterdrückung der Opposition einzustellen und Meinungsfreiheit zuzulassen, sondern eben auch, die Wahlunterlagen zu publizieren und zu veröffentlichen.
Zusatzfrage
Seit letzter Woche und auch am Wochenende ist ja ein bisschen etwas passiert; es gab zum Beispiel Festnahmen von Oppositionellen und Aktivisten. Jetzt hat der ehemalige kolumbianische Präsident Álvaro Uribe eine internationale Militärintervention unter Führung der UN gefordert, um das Regime von Nicolás Maduro zu beenden. Wie bewertet die Regierung eine solche Forderung?
Wagner (AA)
Das bewerte ich nicht, das kommentiere ich auch nicht. Ich habe Ihnen unsere offizielle Position zur Lage im Venezuela gerade mitgeteilt.
Lage zugewandereter Syrerinnen und Syrer in Deutschland
[…]
Frage
Herr Wagner, bis wann wird es denn eine neue Sicherheitseinschätzung zu Syrien und der Lage geben? Kann man das sagen?
Wagner (AA)
Die Dinge befinden sich ja sehr im Fluss. Sie wissen, dass wir uns das natürlich dauerhaft anschauen. Die Außenministerin war ja gestern gerade bei einer Syrien-Nachfolgekonferenz in Riad und hat dort noch einmal viele Gespräche geführt. Insofern kann ich also jetzt hier nichts ankündigen.
Sie wissen ‑ das ist ja das normale Verfahren ‑, dass wir die sogenannten Asyllageberichte erstellen, die wir sozusagen lageunabhängig in regelmäßigen Abständen erstellen. Aber noch einmal, vielleicht auch an das anknüpfend, was Max Kall da eben vorgetragen hat: Die Lage entwickelt sich halt, und wir wissen noch nicht, in welche Richtung sie sich entwickelt. Da gibt es Signale in alle Richtungen. Insofern ist die Stabilisierung Syriens jetzt unser großes Ziel, unser großes Prärogativ, und daran arbeiten wir mit unseren internationalen Partnern.
Zusatzfrage
Heißt das, noch einmal kurz ergänzt, dass es eine neue Lageeinschätzung wahrscheinlich auch nicht vor der Bundestagswahl geben wird, weil nicht absehbar ist, dass bis dahin irgendwie klarer sein wird, wie die Entwicklung in Syrien denn weitergeht?
Wagner (AA)
Ich habe dazu jetzt hier nichts anzukündigen. Ich mache mich noch einmal schlau, ob wir Ihnen dazu etwas nachreichen können. Aber noch einmal: Es ist so volatil, und es entwickelt sich jetzt so beständig. Das gilt ja auch für die ganzen Teile Syriens, wenn Sie auf die Gebiete im Norden und andere Gebiete schauen. Insofern, glaube ich, liegt jetzt unser großer Fokus darauf, mit unseren internationalen Partnern stabilisierend zu wirken.
[…]
Annullierung der Präsidentschaftswahl in Rumänien
Frage
Nach der umstrittenen Annullierung der Präsidentschaftswahlen in Rumänien haben wir am Wochenende umfangreiche Demonstrationen gesehen, die die Rücknahme dieser Annullierung forderten. Einer der Gründe ist ja unter anderem, dass mittlerweile bekannt geworden ist, dass die angeblich russische Einflusskampagne tatsächlich von der noch amtierenden Regierungspartei initiiert und bezahlt wurde. Vor diesem Hintergrund würde mich interessieren, ob die Bundesregierung es immer noch als so unproblematisch und rechtsstaatlich fundiert ansieht, dass die Präsidentschaftswahlen im ersten Gang annulliert worden sind, weil das die Darstellung war, als ich hier Mitte Dezember nachgefragt hatte. Da würde mich interessieren, wie die Bundesregierung mittlerweile diese Causa bewertet.
Wagner (AA)
Iich habe keinen neuen Stand. Wir kommentieren innenpolitische Vorgänge bei unseren EU-Partnern ja hier normalerweise nicht, und insofern würde ich es jetzt auch hier so handhaben. Das ist ja ein Vorgang, der sozusagen die innenpolitischen Akteure in Rumänien und die dortige Justiz betrifft. Insofern habe ich da keinen weiteren Kommentar für Sie.
Zusatzfrage
Der EU-Kommissar a. D. Thierry Breton hat kürzlich erklärt, ich zitiere ganz kurz: Wir haben es in Rumänien getan, und wir werden es offensichtlich, falls nötig, auch in Deutschland tun müssen. - Er spielte dabei auf die bereits erwähnte Wahlrücknahme aufgrund von Einflusskampagnen in den sozialen Medien an. Da würde mich nur die allgemeine Rechtslage interessieren. Würde es tatsächlich jetzt à la Thierry Breton ausreichen, dass es eine ominöse TikTok-Kampagne gibt, bei der die Quelle nicht wirklich klar ist, um die Bundestagswahlen zurücknehmen zu können oder annullieren zu können? Ich weiß nicht, wer sich auf dem Podium sprechbereit zeigt.
Hebestreit (BReg)
Vielleicht kann ich Ihrer Räuberpistole insoweit etwas entgegenhalten: Das war in Rumänien meines Wissens eine Entscheidung des dortigen obersten Gerichtshofes. Das war nicht eine Entscheidung eines früheren EU-Kommissionsmitgliedes. Insofern würde ich das dann auch klar dem juristischen Sachverstand des dortigen obersten Richters überlassen und auch keine anderen Thesen in den Raum stellen.
[…]
Annahme eines Gesetzes durch das US-Repräsentantenhaus hinsichtlich Sanktionen bei einer Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof
Frage
Ich probiere es einmal bei Herrn Wagner. Das US-Repräsentantenhaus hat jetzt ein Gesetz angenommen, auf dessen Grundlage die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag bestraft wird. Mich würde interessieren, wie die Bundesregierung die Sabotage der amerikanischen Seite von multilateralen Institutionen und Abkommen bewertet.
Wagner (AA)
Ja, wir haben das zur Kenntnis genommen. Sie wissen, dass wir ja zu den weltweit stärksten Unterstützern des Internationalen Strafgerichtshofs gehören. Wir haben den IStGH immer unterstützt und werden das auch weiterhin tun. Insofern schauen wir uns das genau an.
Zusatz
Aber das ist jetzt ja ein politischer Angriff auf diese Institution. Betroffen wäre auch jeder Ausländer und damit auch ein Deutscher, der das Gericht bei Versuchen unterstützt, gegen Amerikaner oder Bürger eines verbündeten Landes vorzugehen, das die Autorität des Gerichts nicht anerkennt.
Wagner (AA)
Na ja, meines Wissens muss dieser Gesetzentwurf, glaube ich, ja noch durch den amerikanischen Senat, wenn ich richtig informiert bin. Wir reden also sozusagen noch nicht über etwas, das schon Realität geworden ist. Aber noch einmal: Wir als Deutschland, als Bundesregierung, gehören zu den starken Unterstützern des IStGH. Der IStGH ist für das Völkerrecht eine Errungenschaft. Insofern schauen wir uns das genau an und werden das sicherlich auch innerhalb der Länder, die das ähnlich sehen wie wir, thematisieren und uns dazu konsultieren und beraten.
Organisation der Bundestagswahl für Deutsche im Ausland
Frage
Ich habe eine Frage an Christian Wagner vom Auswärtigen Amt, und zwar zur Bundestagswahl: Gibt es denn Überlegungen, den Kurierdienst der Auslandsvertretungen für die Briefwahl zu nutzen, um das Verfahren für die deutschen Bürger im Ausland zu vereinfachen? Bisher liegt es ja eigentlich eher im Ermessen der Botschaften, ob sie das machen oder nicht. Gibt es da die Möglichkeit, das zu zentralisieren und „Das machen wir in allen Botschaften“ zu sagen?
Dann habe ich noch die Frage, ob Sie eine Zahl haben, wie viele Auslandsdeutsche wahlberechtigt sind.
Wagner (AA)
Vielen Dank für die Frage, die mir vielleicht auch noch einmal Gelegenheit gibt, mich hier ein bisschen ausführlicher zu dem Thema einzulassen. Das ist ja etwas, das Deutsche gerade im Ausland sehr beschäftigt. Ich spreche natürlich unter Kontrolle von Max Kall, was sozusagen die Organisation von Wahlen bzw. Briefwahlen allgemein angeht. Aber einmal vorausgeschickt: Wir sind natürlich jetzt aufgrund der vorgezogenen Neuwahlen in einem besonderen Fall, der ja die gesetzlichen Fristen noch einmal ziemlich verkürzt. Das ist sozusagen schon bei normalen Bundestagswahlen in manchen Ländern aufgrund der langen Postlaufzeiten etc. eine Herausforderung, und die ist jetzt natürlich noch einmal größer geworden. Insofern kann das tatsächlich bei einigen Deutschen im Ausland dazu führen, je nachdem, wo diese Menschen leben, dass Wahlunterlagen nicht rechtzeitig bei denen ankommen oder vielleicht auch nicht rechtzeitig nach Deutschland zurückkommen.
Vielleicht sage ich einmal, weil Sie auch danach gefragt haben, was Zahlen angeht: Es gibt ja keine Meldepflicht im Ausland. Insofern können wir nur schätzen, wie viele Deutsche sich im Ausland aufhalten und wie viele davon wahlberechtigt sind. Wir gehen so von insgesamt drei bis vier Millionen aus. Aber, und jetzt muss man einmal auf die letzte Bundestagswahl schauen, bei der letzten Bundestagswahl haben sich 130 000 Auslandsdeutsche ins Wählerregister eingetragen, also eine sozusagen wirklich geringe Anzahl, wenn man einmal vergleicht, wie viele Deutsche eigentlich im Ausland leben. Das mag individuelle Umstände haben. Wir könnten jetzt nur spekulieren, woran das liegt. Es ist tatsächlich so, dass von diesen 130 000 der ganz, ganz überwiegende Teil, nämlich 110 000, in Europa ‑ also nicht nur in der Europäischen Union, sondern in Europa; das schließt zum Beispiel Großbritannien oder auch die Türkei ein ‑ lebt.
Was tun wir jetzt? Wie gesagt, die Wahlorganisation obliegt natürlich individuell der Bundeswahlleiterin und den Heimatgemeinden, die dafür zuständig sind. Aber wir schauen natürlich, was wir tun können, um die Zustellung von Wahlunterlagen sozusagen zu unterstützen. Es ist tatsächlich so, dass wir den amtlichen Kurierweg für Wahlunterlagen geöffnet haben. Es ist ja so, dass man sich als Auslandsdeutscher unter bestimmten Voraussetzungen in deutsche Wählerregister einträgt. Das macht man bei den Gemeinden, in denen man zuletzt in Deutschland gelebt hat. Dort kann man das ‑ das ist eine Neuerung dieser Legislaturperiode, wenn ich es richtig im Kopf habe ‑ mittlerweile auch elektronisch tun. Das kann man sozusagen einfach per E-Mail tun. Dann gibt man dort ja auch an, an welche Adresse die Wahlunterlagen geschickt werden.
Wir haben den Kurierweg geöffnet. Ich erzähle das einfach deswegen so ein bisschen in epischer Breite, weil das Wort „Kurier“ und „Sonderkurier“ sozusagen ein bisschen die Vorstellung weckt, da gehe jetzt etwas ganz, ganz schnell und persönlich irgendwo hin. Kurier heißt ja der amtliche Verkehr, Briefverkehr, Dokumentenaustausch unserer Auslandsvertretung mit der Zentrale des Auswärtigen Amtes hier in Berlin bzw. unseren Kolleginnen und Kollegen in Bonn. Das heißt, wenn jetzt jemand irgendwo in Kanada sitzt und sich Wahlunterlagen über den Umweg des amtlichen Kuriers schicken lässt, dann gehen diese Unterlagen, wenn er gewählt hat und die Briefwahlunterlagen dann in die Post gibt, erst an die Botschaft in Ottawa, dann zurück an die Kurierstelle in Berlin oder in Bonn und dann an die Wahlgemeinde. Man zieht da also sozusagen zusätzliche Umwege ein. Manchmal, und das ist in vielen Ländern der Fall, ist ein kommerzieller Express-Postdienstleister einfach schneller. Wenn ich die Wahlunterlage jetzt an FedEx, um jetzt ein Unternehmen zu nennen ‑ es gibt sicherlich noch viele andere ‑ gebe, kommt die Unterlage einfach sehr viel schneller in der Heimatgemeinde an.
Vielleicht auch das noch einmal erklärend gesagt: Es ist ja so, dass die gesetzlichen Regelungen in Deutschland nicht vorsehen, dass man in einer Botschaft wählen kann. Das kennen wir einfach in unserem Wahlsystem nicht. So sind die Gesetze hier. Das würde auch voraussetzen, dadurch, dass man ja in seiner letzten Heimatgemeinde in Deutschland wählt, dass in jeder Botschaft sozusagen die 299 Stimmzettel aller Gemeinden vorgehalten werden müssten. Diese Möglichkeit gibt es also einfach nicht. Deshalb sind alle Auslandsdeutschen dazu aufgerufen, und das tun wir eben jetzt sehr stark in der Kommunikation über unsere Botschaften, wenn wir unsere Generalkonsulate aufrufen, sich jetzt frühzeitig und sehr schnell in die Wählerregister einzutragen. Dafür gibt es ja auch Fristen. Dann versuchen wir im Austausch mit der Heimatgemeinde, in der gewählt wird, sicherzustellen, dass diese Wahlunterlagen schnell verschickt werden. Es ist allerdings auch so ‑ das muss man auch sagen ‑, dass ich jetzt schon gehört habe, dass viele Gemeinden sagen, sie würden Unterlagen gar nicht vor dem 10. Februar verschicken. Wenn die Wahl dann am 23. ist, können Sie sich jetzt sozusagen nach Adam Riese ausrechnen, dass das sehr schwierig wird.
Wir schauen, was wir tun können. In Ländern wie Laos oder Kambodscha, in denen es sozusagen überschaubare Gemeinden von Deutschen gibt, kann man das in einem sehr engen Austausch mit der Botschaft machen ‑ das tun unsere Kolleginnen und Kollegen ja ‑ und jetzt schon kommunizieren. An diesem und jenem Tag werden wir sozusagen noch einmal einen Sonderkurier ermöglichen, der die Post schnell nach Berlin bringt, von wo aus sie dann auch schnell weitergeleitet werden kann. Aber in der Tat ist das eine Herausforderung, die einfach in der Natur der engen Fristen und dieses engen zeitlichen Ablaufs dieser Bundestagswahl begründet liegt.
Frage
Herr Wagner, das klingt ja alles ziemlich kompliziert. Gab es eigentlich diese beiden Zahlen, die Sie eben genannt haben, schon bei vorherigen Wahlen? Die Diskrepanz ist ja relativ groß. Sie sprachen irgendwie von drei bis vier Millionen Auslandsdeutschen, und 130 000 nähmen dann an der Wahl teil.
Wagner (AA)
Das ist die Zahl von 2021, der letzten Bundestagswahl.
Zusatzfrage
Steht das in irgendeiner Kontinuität? Kann man irgendwie sagen, dass das in den Wahlen vorher genauso war? Das ist ja ein verschwindet geringer Anteil von denen, die eigentlich wirklich wahlberechtigt wären.
Wagner (AA)
Ehrlich gesagt habe ich die Zahl hinsichtlich der Bundestagswahl davor jetzt nicht vorliegen. Ich glaube, das hat einfach ‑ darüber kann man jetzt nur spekulieren ‑ individuelle Gründe. Wenn jemand sozusagen vor langer Zeit aus Deutschland ausgewandert ist, hat er vielleicht gar nicht das Interesse, hier auch an der politischen Wahl, an dem politischen Leben teilzunehmen. Da gibt es sicherlich die ganz unterschiedlichsten Konfigurationen.
Ich kann, wie gesagt, dadurch, dass wir ja kein Meldewesen im Ausland haben, nur darauf verweisen, wie die Zahlen 2021 waren, gerne noch einmal detaillierter: 130 000 hatten sich da in deutsche Wählerverzeichnisse eingetragen, davon knapp 110 000 in Europa bzw. der Europäischen Union, 7700 in den USA, 5300 in Asien und dann 1500 in Kanada, Afrika und Australien. Sie sehen also, wie sich das zusammensetzt. Die ganz überwiegende Zahl der 2021 in Wählerverzeichnissen eingetragenen Deutschen lebte in Europa, wo die Postlaufzeiten natürlich auch weniger ein Problem sind und wo der Weg über den Kurier des Auswärtigen Amtes, im Grunde genommen, weil die erwähnten zusätzlichen Stationen einbezogen sind, eine künstliche Verlängerung wäre, die man daher vielleicht auch nicht in Anspruch nehmen sollte. Aber darüber, welche individuellen Möglichkeiten in dem jeweils zuständigen Amtsbezirk gelten, informieren unsere Auslandsvertretungen sehr transparent.
[…]
Nahostkonflikt
Frage
Zurück in den Nahen Osten und zu dem heute gemeldeten Verlangen des designierten US-Vizepräsidenten Vance, die Hamas möge die letzten Geiseln freilassen ‑ es sind ja leider immer noch viele ‑, sonst, lapidar gesagt, passiere etwas: Herr Wagner, Sie und Ihr Amt hören ja das Gras wachsen. Spielt diese Einzelforderung möglicherweise verstärkt eine Rolle in den andauernden Gesprächen in Doha? Hört man dazu etwas? Gibt es vielleicht gar einen Vorstoß in der Richtung, zu sagen: „Wenn ihr das macht, dann zieht sich die israelische Armee zurück, oder es werden palästinensische Gefangene freigelassen“? Ist das, was wir heute gehört haben, ein „topic“, oder ist das nach dem Prinzip Hoffnung die Forderung, die bekannt ist, die Geiseln freizulassen?
Wagner (AA)
Die Notwendigkeit für einen Waffenstillstand in Gaza ist nicht nur deshalb gegeben, weil sich ein designierter Vizepräsident der Vereinigten Staaten dazu einlässt. Nein, sie ist natürlich durch die Realität der Lage vor Ort gegeben, dadurch, dass wir diese Geiseln frei haben wollen, dadurch, dass die Menschen in Gaza den Waffenstillstand dringend brauchen, damit sie endlich versorgt werden können und das Sterben in Gaza aufhört.
Insofern unterstützen wir die Bemühungen unserer Partner, die in Doha verhandeln, sehr und hoffen, dass diese Verhandlungen zu einem Abschluss kommen, und zwar zu einem sehr schnellen Abschluss.
Zusatzfrage
Stichwort: das Gras wachsen hören. ‑ Hört man denn eine Bereitschaft oder erkennt sie irgendwo schemenhaft, dass sich die Israelis zurückziehen könnten? Es gibt ja noch Hamas-Kämpfer im Gazastreifen. Oder sagt man ‑ ‑ ‑
Vorsitzende Welty
Könnten wir ein bisschen auf die Uhr schauen? Danke schön.
Wagner (AA)
Ich kann mich dazu sehr kurz fassen. ‑ Ich kann das nicht kommentieren. Sie lesen verschiedene Äußerungen der beteiligten Parteien, auch in Medien, was den Stand der Verhandlungen angeht. Aber noch einmal: Wir unterstützen unsere Partner darin, schnell einen Waffenstillstand zu bekommen und diese Verhandlungen schnell zu Ende zu führen.
Frage
Wird Deutschland seine Unterstützung Israels selbst dann fortsetzen und weiter aufrechterhalten, wenn sich andere Staaten davon distanzieren? Ist das also eine bedingungslose Unterstützung?
Wagner (AA)
Ehrlich gesagt, müsste ich das jetzt doch noch einmal länger ausführen. Sie wissen sehr genau, wie unsere Position zum Nahostkonflikt und wie unser besonderes Verhältnis zu Israel als Staat ist. Sie wissen, mit welchen Positionen wir mit der israelischen Regierung in Kontakt sind, was die Lage in Gaza angeht. Insofern ist, denke ich, unsere Position diesbezüglich sehr klar. Ich würde Sie auf die Protokolle der Bundespressekonferenz verweisen, wo Sie das noch einmal nachlesen können, einfach um jetzt nicht noch einmal detailliert ausführen zu müssen, wie das aussieht.
Was für uns im Zentrum steht, ist, dass wir schnell zu einer Lösung in Gaza kommen, die ein Ende des Leids dort bedeutet und dazu führt, dass die Menschen nicht weiter sterben, sondern dass sie versorgt werden können und dass dort Leben wieder möglich ist und gleichzeitig Geiseln freikommen.
Zusatzfrage
Ganz konkret gefragt: Wo würde die Bundesregierung die rote Linie ziehen? Wo würde sie sagen ‑ ‑ ‑
Wagner (AA)
Ich spekuliere hier nicht über rote Linien.
Frage
Herr Wagner, sind noch Deutsche unter den Geiseln in Gaza?
Wagner (AA)
Ja, leider.
Zusatzfrage Jung
Wie viele?
Wagner (AA)
Sehen Sie es mir nach, dass ich dazu hier keine Details mitteile. Das haben wir immer so gehalten. Das ist aus Sicherheitsgründen und aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes so. Aber leider sind immer noch deutsche Staatsangehörige unter den verbliebenen Geiseln in Gaza.
Vorwurf des Völkermords gegen die sudanesischen Rapid Support Forces
Frage
Herr Wagner, die scheidende US-Regierung hat der sudanesischen Rebellengruppe Rapid Support Forces Völkermord vorgeworfen und deshalb Sanktionen verhängt. Schließt sich die Bundesregierung diesem Vorwurf an?
Wagner (AA)
Danke, dass Sie das Thema des Sudans aufrufen. Darüber reden wir, denke ich, viel zu wenig.
Sie fragen mich sehr konkret nach einer juristischen Bewertung. Diese werde ich hier nicht vornehmen. Das müssen Gerichte tun. Sie wissen, welche Kriterien erfüllt sein müssen, damit man von einem Völkermord spricht.
Aber lassen Sie mich einmal etwas zur Lage sagen: In der Tat halten die Kämpfe weiter an und bringen dort unvorstellbares Leid. Jetzt ‑ das war auch vorher schon so ‑ sind die beteiligten Parteien dazu aufgerufen, an den Verhandlungstisch zurückzukehren und sich dort zusammensetzen, um eine Friedenslösung zu finden.
Zusatzfrage
Herr Blinken hat eine Stellungnahme dazu abgegeben. Wissen Sie, von welcher Ethnie darin die Rede ist? Die Amerikaner sprechen von Völkermord. Dann muss es um eine bestimmte Ethnie gehen. Das haben die Amerikaner jetzt nicht ausgeführt. Wissen Sie dazu mehr?
Zweitens: Die sudanesische Kriegspartei hat von den USA jetzt keine monatelange Chance bekommen, die Vorwürfe des Genozids intern aufzuklären. Ist das nicht unfair seitens der Amerikaner?
Wagner (AA)
Ich kenne die Äußerungen von Herrn Blinken jetzt nicht en détail. Ich kann noch einmal referieren, dass es sich, damit man von Völkermord spricht, um Tathandlungen handeln muss, die in der Absicht begangen werden, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe zu vernichten. Insofern muss es nicht immer eine Ethnie sein, sondern eine gesellschaftliche Gruppe als Ganzes.
Aber noch einmal: Ich kann das, was vonseiten der Amerikaner jetzt getan wird, nicht kommentieren. ‑ Was uns mit den Amerikanern eint, ist, dass wir uns sehr dafür einsetzen, dass dieser Konflikt in Sudan endlich ein Ende findet und dass wir uns auch mit deutscher humanitärer Hilfe dafür einsetzen, das Leid der Bevölkerung zu lindern. Dieses ist in Sudan besonders dramatisch, da aufgrund der Kämpfe viele humanitäre Hilfe gar nicht zu den Menschen in Sudan selbst kommen kann, die am meisten leiden.