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Warum der Sicherheitsrat reformiert werden muss
Die Welt und ihre geopolitischen Realitäten sind bei weitem nicht mehr die von 1945, als die UN-Charta beschlossen wurde. Auch deshalb bleibt die Sicherheitsratsreform ein Kernanliegen der Deutschlands.
Trotz aller Blockaden bleibt der UN-Sicherheitsrat das wichtigste Organ der internationalen Staatengemeinschaft für Friedenssicherung und Konfliktmanagement. Der Sicherheitsrat verfügt über weitreichende Befugnisse und kann – anders als die UN-Generalversammlung – völkerrechtlich bindende Resolutionen beschließen, die unter bestimmten Voraussetzungen auch die Anwendung militärischer Maßnahmen autorisieren.
In seiner derzeitigen Zusammensetzung reflektiert der Sicherheitsrat allerdings nicht mehr die geopolitischen Verhältnisse des 21. Jahrhunderts. Um die Autorität und Legitimität des Sicherheitsrats zu wahren und die Rolle der Vereinten Nationen insgesamt zu stärken, fordern eine Vielzahl der UN-Mitglieder, darunter Deutschland, dass die Zusammensetzung und Funktionsweise des Sicherheitsrats an die gegenwärtigen Realitäten angepasst werden.
Deutschland koordiniert seine Bemühungen in diesem Bereich als Teil der „Group of Four“ (G4) und tritt gemeinsam mit Brasilien, Indien und Japan für eine umfassende Reform des UN-Sicherheitsrats ein. Dies sind die Kernforderungen der G4:
- Erweiterung des Sicherheitsrats um sechs ständige Mitglieder (je zwei Sitze für Asien und Afrika und je einen Sitz für die Westliche Gruppe und die Lateinamerikanisch-Karibische Gruppe);
- Erweiterung des Sicherheitsrats um vier oder fünf nichtständige Mitglieder (je einen Sitz für Asien, Lateinamerika und Karibik, Osteuropa sowie ein oder zwei Sitze für Afrika); und
- eine Reform der Arbeitsmethoden.
Der G4-Reformvorschlag würde insbesondere Afrika mehr Gewicht im UN-Sicherheitsrat geben. Das ist wichtig, weil der Kontinent bislang stark unterrepräsentiert ist. Die weit überwiegende Mehrheit der Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen befürwortet eine umfassende Sicherheitsratsreform, einschließlich seiner Erweiterung um ständige und nichtständige Sitze. Die Verhandlungen, die seit 2009 in einem informellen Plenum der UN-Generalversammlung („intergovernmental negotiations“, IGN) stattfinden, verlaufen allerdings bisher ohne greifbare Ergebnisse.
Deshalb strebt Deutschland einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat an
Durch breites internationales Engagement setzt sich Deutschland auf vielfältige Art und Weise für die Ziele der Vereinten Nationen ein – zum Beispiel durch die Entsendung von Truppen für internationale Friedensmissionen, durch umfassende Mittel für nachhaltige Entwicklung, Stabilisierung und humanitäre Hilfe und durch systematisches Eintreten für den Schutz der Menschenrechte. Zudem ist Deutschland – Pflicht- und freiwillige Beiträge zusammengerechnet – der zweitgrößte Beitragszahler zum UN-System insgesamt. Zuletzt hat Deutschland gemeinsam mit dem Ko-Vorsitz Namibia die Verhandlungen über den UN-Zukunftspakt zum Erfolg geführt. Mit dem UN-Zukunftspakt wird die Handlungsfähigkeit und Effizienz der Vereinten Nationen als Zentrum der multilateralen, regelbasierten Weltordnung gestärkt.
Seit dem Beitritt zu den Vereinten Nationen vor über 50 Jahren hat sich Deutschland zu einem der engagiertesten Verfechter eines effektiven Multilateralismus unter dem Dach der Vereinten Nationen entwickelt. Insgesamt sechs Mal war Deutschland bisher als nichtständiges Mitglied im Sicherheitsrat vertreten und hat so besondere Verantwortung für die internationale Sicherheit und den Weltfrieden übernommen. Dies ist Deutschland bereit zu verstetigen – als verantwortungsvolles, engagiertes ständiges Mitglied. Dessen ungeachtet kandidiert Deutschland für einen nichtständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat im Zeitraum 2027 / 2028.
Warum fordert die Bundesregierung nicht einen ständigen Sitz für die EU?
Gemäß der UN-Charta können nur Staaten, nicht aber internationale Organisationen wie die EU, Mitglieder der Vereinten Nationen und damit ihrer Organe werden. Die EU verfügt deshalb in der UN-Generalversammlung über einen erweiterten Beobachterstatus.
Sollen neue ständige Mitglieder auch das Vetorecht bekommen?
Gemeinsam mit seinen G4-Partnern schlägt Deutschland vor, dass neue ständige Sicherheitsratsmitglieder zunächst auf die Ausübung des Vetorechts verzichten und die Frage eines Vetorechts für neue ständige Mitglieder abschließend erst in einem zweiten Schritt (im Rahmen einer Überprüfungskonferenz 15 Jahre nach Inkrafttreten der Charta-Änderung) geklärt wird.
Wie würde eine Reform des UN-Sicherheitsrats ablaufen?
Eine Reform des Sicherheitsrats erfordert eine Änderung der Charta der Vereinten Nationen. Das Verfahren hierfür ist in Artikel 108 der UN-Charta geregelt und sieht zwei Stufen vor:
- Erster Schritt: Die Generalversammlung, in der alle 193 Mitgliedstaaten je eine Stimme haben, muss die Reform mit Zweidrittelmehrheit der Mitgliedstaaten (also mindestens 129 Staaten) beschließen.
- Zweiter Schritt: Diese Änderung muss dann gemäß den national vorgesehenen Verfahren durch mindestens zwei Drittel der Mitgliedstaaten, einschließlich der fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats, ratifiziert werden. Dies hat bei der bisher einzigen Erweiterung des Sicherheitsrats 1963 etwa anderthalb Jahre gedauert.
Bis dahin ist es ein schwieriger Verhandlungsweg. Aber Deutschland und seine Partner setzen sich für eine UN-Reform ein – nicht nur vor Ort in New York, sondern auch über unsere vielen Auslandsvertretungen in der Welt.
Wie setzt sich der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen derzeit zusammen?
Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat 15 Mitglieder:
- Fünf ständige Mitglieder (China, Frankreich, Großbritannien, USA und Russland)
- Zehn nichtständige Mitglieder. Dies sind aktuell: Algerien, Guyana, Sierra Leone, Slowenien, Südkorea (bis Ende 2025) und Dänemark, Griechenland, Pakistan, Panama, Somalia (bis Ende 2026).
Die nichtständigen Mitglieder werden nach einem festgelegten Regionalschlüssel jeweils für zwei Jahre von der Generalversammlung gewählt. Eine Wiederwahl unmittelbar nach einer Amtszeit ist nicht möglich.
Zum Weiterlesen
Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen