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Schaudepot Guadalupe, Honduras – ein Fenster in die Vergangenheit

Blick auf das neu entstandene Museum mit Schaudepot in Guadalupe 

Blick auf das neu entstandene Museum mit Schaudepot in Guadalupe, © DAI-KAAK / Michael Lyons

17.01.2025 - Artikel

Die dicht bewaldete Karibikküste im Nordosten von Honduras verbirgt einen kulturellen Schatz. Ein internationales Projekt des Deutschen Archäologischen Instituts hat gemeinsam mit der lokalen Bevölkerung ein Museum errichtet, in dem Funde aus der Umgebung Guadalupes gezeigt werden.

Dass Archäologinnen und Archäologen im Jahr 2016 auf den jetzigen Standort des Museums aufmerksam wurden, haben Sie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Grundschule in der Ortschaft Guadalupe zu verdanken. Beim Reinigen des Außengeländes stießen sie auf eine große Anzahl Keramikscherben und meldeten diesen Fund dem Honduranisches Institut für Anthropologie und Geschichte (IHAH). Es begann eine internationale Zusammenarbeit gefördert aus Mitteln des Kulturerhalt-Programms, die im April 2023 mit der Eröffnung des Schaudepots in Guadalupe einen vorläufigen Höhepunkt erlebte.

Besucherinnen und Besucher der Ausstellung im Museum Guadalupe
Besucherinnen und Besucher der Ausstellung im Museum Guadalupe © DAI-KAAK / Markus Reindel

Den honduranischen Archäologinnen und Archäologen, die die Funde als erste unter die Lupe nahmen, war sofort klar: Hier lohnt es sich, genauer hinzuschauen. Sie informierten Prof. Dr. Markus Reindel in der Kommission für die Archäologie außereuropäischer Kulturen (KAAK) am Deutschen Archäologischen Institut. Kurz darauf wurde eine erste gemeinsame Grabung organisiert. Über mehr als fünf Jahre lang wurde in Abstimmung mit der Schulleitung und gemeinsam mit Bewohnerinnen und Bewohnern Guadalupes gegraben, und mit Fortschreiten der Grabungen wurde immer deutlicher: Am Hügel, neben dem heute die Grundschule steht, befand sich einst eine große Siedlung.

Eine Entdeckung, die durchaus überraschen konnte, da Archäologinnen und Archäologen zuvor davon ausgegangen waren, die Küste sei kaum besiedelt gewesen. Doch diese Annahme war falsch: Gelegen zwischen der Karibikküste und der „Sierra de Nombre de Dios“, lebte eine hochentwickelte Kultur, die Kunsthandwerk, Instrumente und Spuren ihrer Siedlungen hinterließ. Das Museum in Guadalupe zeigt diese Objekte – ausschließlich solche, die bei den Ausgrabungen in Guadalupe geborgen und dokumentiert wurden. Dabei handelt es sich hauptsächlich um fragmentierte Keramikstücke, die mit eingeritzten Motiven oder figürlichen Darstellungen verziert sind. So zeigen Keramikfragmente Darstellungen von in diesem Gebiet heimischen Tieren wie dem Jaguar oder dem Ameisenbären. Es handelt sich um Verzierungen etwa an Schalen und Gefäßen, die einen Eindruck davon vermitteln, wie die sie umgebende Tierwelt die Menschen in dieser Region bewegt hat.

Einige Objekte sind jedoch auch vollständig, wie beispielsweise einige Okarinas – Flöten, denen noch Töne entlockt werden können. Die sehr gut erhaltenen Objekte sind ein eindrucksvoller Beweis dafür, dass unter wenigen Metern Erdschicht Zeugnisse menschlicher Kultur verborgen liegen, die es sich freizulegen lohnt. Darüber hinaus wurden zahlreiche Fragmente und Artefakte aus Obsidian gefunden, einem vulkanischen Mineral, das in vorspanischer Zeit zur Herstellung von Schneidwerkzeugen verwendet wurde. Die wenigen Gegenstände aus Kupfer und Kupferlegierungen zeugen vom Handel mit entfernten Regionen und die zahlreichen Muschel- und Knochenreste geben Aufschluss über die Ernährung der Menschen, die zwischen 1000 und 1525 nach Christus in Guadalupe lebten.

Der Zeitraum, den man im neu entstandenen Museum nachvollziehen kann, erstreckt sich auf die späte Phase der sogenannten präkolumbischen Zeit, also insbesondere jene Jahrhunderte vor der Ankunft europäischer Seefahrer und somit der Kolonialisierung der Region und den tiefgreifenden Einschnitten und Umwälzungen, die damit verbunden waren. Unter anderem hatte – wie man heute weiß – die gewaltsame Inbesitznahme des Landes und die Ausbreitung aus Europa eingeschleppter Krankheiten zur Folge, dass diese Region lange Zeit unbewohnt blieb.

Das Museumsprojekt in Guadalupe lädt dazu ein, sich gedanklich in die Zeit weit vor der Kolonialisierung zu versetzen. Archäologische Funde leisten dazu einen wesentlichen Beitrag, denn sie machen den Alltag der Menschen vor hunderten von Jahren nachvollziehbar. In Guadalupe können Besucherinnen und Besucher einen Eindruck davon erhalten, wie das Leben der Menschen entlang der heutigen honduranischen Küste war. Neueste Technik hilft der menschlichen Vorstellungskraft auf die Sprünge – etwa, wenn mit digitalen 3-D-Modellen Figurinen und Skulpturen rekonstruiert werden.

Die Ausstellung vermittelt somit auch einen Eindruck davon, wie Archäologinnen und Archäologen arbeiten. Die Inhalte der Ausstellung sind heute auch Teil der Lehrinhalte an der Grundschule, deren Gelände auch von Bildungseinrichtungen der umliegenden Ortschaften besucht wird, um die Geschichte der Region zu vermitteln. Mit dem Ziel, die Voraussetzungen für nachhaltige Archäologie zu schaffen, sind im Hinterhof der Schule neben dem Museumsgebäude auch ein Laborraum sowie ein Lagerraum (Depot) zur Aufbewahrung der Fundstücke entstanden. Neu errichtete Sanitäranlagen können zudem von Lehrerinnen und Lehrern sowie Schülerinnen und Schülern mitgenutzt werden.

Nicht alle Fragen rund um die Lebenswirklichkeit der verschwundenen Kulturen entlang der honduranischen Nordostküste können beantwortet werden. Aber in Guadalupe sind jetzt die Voraussetzungen geschaffen, um das Fenster in die Vergangenheit noch ein Stück weiter zu öffnen.

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