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Al Halqa Virtual – den Jemaa El Fna in Marrakesch online erleben
Platz Djemaa El Fna, Marrakesch, © Thomas Ladenburger
Wer noch nie nach Marrakesch gereist ist oder nostalgisch an den letzten Besuch in der Stadt zurückdenkt, kann die mitreißende Atmosphäre auf dem zentralen Platz „Jemaa El Fna“ auf der Online-Plattform „Al Halqa Virtual“ lebhaft nachvollziehen.
Al Halqa – ein marokkanisches Wort für einen Kreis aus Zuschauerinnen und Zuschauern, die einer künstlerischen Aufführung folgen. In Marrakesch bilden sich seit Jahrhunderten unzählige dieser Kreise um die „hlaiqi“ herum – Künstlerinnen und Künstler, die von der Mitte des Kreises aus das Publikum in ihren Bann ziehen, wie zum Beispiel auf dem „Jemaa El Fna“. Seit dem 11. Jahrhundert strotzt der Jemaa El Fna vor Ausdruck, Hingabe und Kreativität. Der Platz im Westen der marokkanischen Metropole Marrakesch steht für immaterielles Kulturerbe, dem man auch andernorts in Marokko begegnen kann. Doch der Jemaa El Fna ragt heraus. Kulturelle Praktiken ziehen dort seit Generationen Einwohnerinnen und Einwohner sowie Besucherinnen und Besucher Marrakeschs in ihren Bann. So etwa die Geschichtenerzähler – sowie in seltenen Fällen auch -erzählerinnen –, die vor den umstehenden Zuhörerinnen und Zuhörern ihre Erzählkunst demonstrieren und Erzählungen aus dem Islam, Eigenkreationen oder Geschichten aus der arabischen Literatur zum Besten geben. Da viele der überlieferten Erzählungen so alt sind wie die Tradition der öffentlichen Erzählungen in der Halqa selbst, passen die Erzählerinnen und Erzähler die überlieferten Texte an die Gegenwart an und machen sie so verständlich. Und wo nötig, übersetzen sie sie in die marokkanische Form des Arabischen.
Doch auch wenn die wort- und gestenreichen Erzähler mit der Zeit gehen und ihre traditionelle Technik stetig weiterentwickeln: Neben dem Internet und den sozialen Medien ist diese Form der Unterhaltung in ihrem Fortbestand gefährdet. Auch das war eine Motivation für den Urheber des Projekts, den Filmemacher Thomas Ladenburger. Er hat mit seinem Projekt „Al Halqa Virtual“ gemeinsam mit marokkanischen Partnerinnen und Partnern und gefördert aus Mitteln des Kulturerhalt-Programms einen Ort im Internet geschaffen, der sicherstellen soll, dass die Traditionen, die Jahrhunderte überdauert haben, dokumentiert sind. So auch die Arbeit der Geschichtenerzählerinnen und Geschichtenerzähler, die besonderen Respekt der Zuhörerinnen und Zuhörer genießen. Doch Besucherinnen und Besucher des Platzes bilden nicht nur Kreise um die Geschichtenerzählerinnen und Geschichtenerzähler herum, sondern bestaunen Schlangenbeschwörer, Akrobatinnen und Akrobaten und Tänzerinnen und Tänzer, lauschen Musikerinnen und Musikern oder – auch das ist Teil des schier endlos erscheinenden Angebots – schenken ihre Aufmerksamkeit Astrologinnen und Astrologen, Wahrsagerinnen und Wahrsagern, Medizinerinnen und Medizinern oder einem der unzähligen Essensstände. Diese enorme Bandbreite an kreativen Ausdrucksformen und Wissensvermittlung, kulinarischen Angeboten und Waren aller Art macht Jemaa El Fna zu einem besonders erlebenswerten Ort. Das sieht auch die UNESCO so, die den Jemaa El Fna als Kulturort in all seiner Vielfalt seit 2001 zum immateriellen Weltkulturerbe zählt.
„Al Halqa Virtual“ zeigt, dass es möglich ist, immaterielles Kulturerbe sichtbar zu machen. Die Plattform trägt historische und aktuelle Aufnahmen, Videos und Audiodateien zu Jemaa El Fna zusammen. Das Projekt ermöglicht es auf diese Art, sich selbst als Teil einer „Halqa“ zu fühlen – auf dem Platz in Marrakesch, der als zeitlose Bühne für traditionelle Kunstformen zu einem Wahrzeichen der Stadt geworden ist.